Re: Lehrzeit als Kerkerwärter
von Yadriël » Sa 17. Sep 2022, 17:58
Kosta versuchte ebenfalls den Jugendlichen zu trösten und dass es ihm leid täte. Er könnte nicht aufhören, bloß dafür sorgen, dass es nicht so sehr schmerzte. Ein schwacher Trost, fand Zucker. Am liebsten hätte er Minan befreit, aber er wirkte so schwach, dass er vielleicht starb, wenn man ihn auch nur vom Tisch entfernte. Wie lange lag er nun schon so auf dem harten Metall? Er musste vollkommen wund sein.
Abrupt hatte sich dann aber der schluchzende Prinz wieder gefestigt, sah sie nicht mehr ängstlich sondern hart an, machte einen sarkastischen Scherz. Er schien wie ausgewechselt. Anderseits würde Zucker vielleicht auch wahnsinnig, wenn ihm ein Arm nachgewachsen werden sollte. Kosta erklärte ihm, dass der Junge zerbrochen war und aus verschiedenen Parts bestand. Er hätte meist nur mit dem lustvollen zu tun. Zucker verstand das nicht so recht, wollte aber gerne versuchen sich mit der Schwarzen Witwe zu unterhalten zu der er diese seltsame Verbindung hatte.
Kosta hatte so viel Respekt, dass er vom Tisch zurücktrat und sich, nachdem er seine Jacke wieder angezogen hatte, sich zu der Heilerin gesellte, um gemeinsam mit ihr einige Flaschen zu waschen. Zucker wandte sich dem Jugendlichen zu, der den Blick erwiderte.
"Yadriël...", sprach er ihn an.
Zucker war versucht ihn anzuherrschen, ihn nicht so zu nennen, riss sich aber zusammen. "Du hast mich für deine Lust benutzt", sagte er, wusste nicht, ob es ein Vorwurf war oder nur eine Feststellung.
"Ein Teil von mir... er ist.. darauf trainiert in diesen.. Situationen so zu reagieren. Es ist schwer.. es abzustellen", erklärte der junge Prinz. Immer wieder pausierte er beim Sprechen und Zucker musste sich manchmal vorbeugen, um ihn verstehen zu können. "Lust spenden.. wurde uns so.. eingeimpft.. sollte dir ja bekannt vorkommen."
"Einigermaßen.. aber niemals in dem Umfang", gab Zucker zu. "Diese Verbindung.."
"Ist neu... ich kann sie spüren.. die, die Juwelenkraft abgezapft bekommen... aber nie so stark wie.. heute. Vielleicht weil du im Raum bist", brachte Minan hervor. Zucker blickte ihn skeptisch an.
"Vielleicht?"
Minan sah ihn besonders ungnädig an. "Ich wurde nie darin ausgebildet... die Verbindung hilft.. die Last etwas zu teilen", rechtfertigte er sich. "Deine Träume sind sehr.. angenehm. Ich wollte das nicht mehr machen.. in Träume von anderen eindringen. Hat uns.. schonmal in Schwierigkeiten gebracht, aber... keine andere Wahl." Der Junge schloss erschöpft die Augen.
Zucker stockte. "Moment mal... du bist wirklich in meinen Träumen? Ich dachte, ich bilde mir das nur ein." Obwohl er gespürt, geahnt hatte, dass die Träume anders gewesen waren, viel klarer. Der Prinz beugte sich näher zu Minan. "Kosta.. er kann uns vielleicht hier rausbringen...", wisperte er ganz leise in das Ohr. "Wenn dein Arm fertig ist und es dir besser geht, ja? Du musst solange durchhalten." Zucker zögerte. "Kann ich Kosta vertrauen?", fragte er dann.
Er bekam eine Weile keine Antwort und befürchtete schon, dass Minan bewusstlos geworden war. "Woher.. soll ich das wissen?", keuchte er. Na großartig. Ihn dazu zu bringen, dem Mann einen zu blasen den er hasste, das brachte der Junge fertig, aber Visionen oder sowas hatte er keine? Zucker hatte gehofft von Minan Antworten zu erlangen. Aber er erwartete wohl zu viel von dem halbtoten Prinzen auf dem Tisch.
"Wo... sind deine Kinder, Yadriël?", fragte der Jüngling. Zucker starrte ihn verwirrt an, rieb sich die Stirn.
"Wieso fragst du mich das dauernd? Ich habe keine", entgegnete er eine Spur zu laut, hielt rasch inne. Minan sah hinüber zu Kosta, der aber weiterhin irgendwelche Laborutensilien wegräumte.
"Hast du ihm gesagt, was du wirklich... warst? Als was du... wieder und wieder... verliehen worden bist...", wisperte der Prinz.
Zucker spannte sich an, schüttelte den Kopf, den Mund zu einem dünnen Strich verzogen. "Das geht ihn nichts an..", sagte er leise, "Und es liegt in der Vergangenheit. Es bringt nichts daran zu denken. Wieso willst du das wissen?"
Ein schmerzerfüllter Ausdruck huschte über das schmale Gesicht des Jungen. Er schien etwas sagen zu wollen, tat es aber dann doch nicht. "Weil ich denke, es ist wichtig...", sagte er dann. Zucker verstand es nicht. Er wollte hier raus, wollte endlich aus der Feste fliehen und der Junge faselte etwas von Kindern aus der Vergangenheit.
"Vergiss die Kinder, wir bringen dich hier raus", versuchte Zucker dem jüngeren Prinzen Mut zu machen. Er berührte ihn vorsichtig an der Schulter. Minans Augen fielen wieder zu, er sagte noch etwas, aber es war zu leise um es zu verstehen. Er schien am Ende seiner Kräfte.
"Kann man ihn denn nicht zudecken oder das Licht ausmachen?", fragte er die Heilerin. Es war die gleiche, die ihn bei der Ankunft auch geheilt hatte. Lady Tursin, wenn er sich richtig erinnerte.
Leider sagte sie ihm, dass der Körper des Jungen durch nichts belastet werden dürfte. Anscheinend war da bereits eine Decke zu viel. Aber sie ging hin und dämpfte das grelle Licht über dem Operationstisch. Sie stand noch länger bei Minan, schien ihn zu heilen, jedoch nicht am Arm. "Was macht ihr denn da?", fragte er. Lady Tursin erklärte ihm, dass sich viele heilende Netze im Körper befanden, die immer wieder stabilisiert werden mussten. "Ohne... kann er nicht?", sprach Zucker seine Befürchtung aus. Sie nickte.
Da bemerkte der Prinz aus den Augenwinkeln wie Kosta einige der Gefäße, die er abtrocknete, nicht in den Schrank zurückstellte, sondern einfach verschwinden ließ. Zucker konnte sich keinen Reim darauf machen, verwickelte die Heilerin aber in ein Gespräch darüber, wann sie dächte, dass der Arm fertig sei. Zwei bis drei Sitzungen war die Antwort. Zucker hoffte ganz eigennützig, dass er nicht dabei war. Er wollte sich nicht noch einmal so erniedrigen.
Dann gab es nichts mehr aufzuräumen und Lady Tursin wartete darauf, dass sie beide gingen. Zucker blickte nochmal zu Minan, aber er schien nichts mehr mitzubekommen. So folgte er nachdenklich Kosta aus dem Labor. Draußen liefen sie prompt Turgor in die Hände. Er grinste hämisch.
"Konntet euch von dem Jungen wohl nich lösen, was?", fragte er und lachte. "Ihr beide liefert wirklich tolle Vorstellungen, hat mich dafür entschädigt, dass ich die erste verpasst habe." Der große Wärter kam näher, musterte Kosta. "Wieder so verhüllt? Wie wäre es wenn ihr beide mit mir mitkommt und mir eine Privatvorstellung liefert?" Gierig streichelte er Kosta über die Seite.
"Und wie wäre es, wenn du von der nächsten Brücke runterspringst", murmelte Zucker. Turgor sah ihn scharf an.
"Was war das?", fragte er.
"Nichts.. nichts", wehrte der Gefangene ab. Er keuchte und stellte sich etwas vornüber gebeugt hin, um zu zeigen, dass er sehr geschwächt war.