Re: Regen
von Darken » Fr 6. Jan 2023, 10:04
Nun kam Lia doch die Eiche heruntergeklettert und sprang von einem der niedrigen Äste, um genau vor ihm zu landen. Darken blieb stehen, musterte sie schweigend, wartete was die Heilerin zu sagen hatte. Was für ihn alles andere als angenehm hatte, erneut verspürte er den Impuls sie anzuschnauzen, verbal von sich zu weisen und zu verletzen, obwohl es eigentlich nur ein Mittel war, um sie nicht an sich heranzulassen und selbst nicht verletzt zu werden. Wenn man sich Hoffnungen machte, wurde man eben enttäuscht. Das war hier nicht anders.
Sie warf ihm vor, er hätte nicht mit Sicherheit wissen können, ob sie es gewollt hätte, sie hätte sich gewünscht, nicht wehrlos unter ihm zu liegen, wenn sie das erste Mal miteinander schliefen. Sie hätte wach sein wollen, es richtig mitbekommen, sie hätte sich so benutzt gefühlt. Jedes Wort traf ihn, obwohl er wirklich versuchte, dass es an seinem Panzer aus Zynismus und Härte abprallte. Der Prinz schwieg immer noch, selbst als sie ihn fragte, ob er verstehen würde wie sie fühlte, er hätte ihr überhaupt nicht die Möglichkeit gelassen, nein zu sagen.
War ihr Blick zuerst traurig gewesen, verhärteten sich ihre Gesichtszüge nun, als sie feststellte, dass es nicht darum ging, ob er ihr trauen könne, sondern sie ihm.
"Ich vertrau ja nichtmal mir selbst...", bemerkte er leise, wie sollte sie ihm da trauen. Zitternd stand sie vor ihm. "Und du willst mir doch auch gar nicht vertrauen, du willst mich nicht kennenlernen. Du willst nicht wissen warum ich so bin wie ich bin." Darken machte einen vorsichtigen Schritt auf sie zu, wandte den Blick jedoch zur Seite, so dass man nur sein Profil sah. "Ich wollte nicht, dass du wach bist, ich wollte nicht, dass du mich anschaust oder irgendetwas zu mir sagst wie dus gerne hast oder wies sich anfühlt und ich wollte sicher nicht, dass du mich auch anfasst." Es klang hart wie er das sagte, vermutlich würde er ihr damit nur noch mehr weh tun.
Darken atmete tief durch, es kostete ihn viel Überwindung den nächsten Satz herauszubringen. "Weil ich genau wußte, wenn du mich dabei ansiehst, lustvoll, würde ich doch nicht dich sehen, sondern nur.... meine Mutter und wie sies mit mir treibt." Seine Stimme erhielt beißenden Spott. "Das wär sicher toll geworden. Oh, Minan, du bist so gut... oh ja, härter... schneller... besorgs mir", machte er Talian nach, doch sein Tonfall bekam rasch etwas bitteres. "Na, willst du noch mehr über mich erfahren? Jedes verdammte Detail, hm? Danach kannst du mir sicher vertrauen." Er setzte an, etwas zu sagen, ihr schmerzhafte und verstörende Erinnerungen zu verraten, nur um sie erneut von sich zu stoßen, aber dann sah er doch zu Lia hinüber wie sie immer noch zitternd dastand und konnte es nicht.
"Ich... ich hatte...", er brachte nicht über sich zu sagen, er hätte Angst gehabt, "Ich dachte... ich würde nur Leere fühlen... oder Hass. So wie sonst. Ich wollte nicht so fühlen..." Selbst war er aufgewühlter denn je, kam näher zu ihr und streckte seinen Arm aus, um sie an sich zu ziehen und ein wenig unbeholfen zu umarmen.