Re: Ein langer Weg
von Kosta » So 9. Okt 2022, 21:18
Eneas machte ganz wunderbar mit, bei Tileos erwartungsvollem Blick. Zuerst baute er spannung auf, indem er Fragen stellte, ob der Pfannkuchen wirklich für ihn sei und ob den Tileo tatsächlich selbst gemacht hatte. So lange, bis der Junge vor lauter Aufregung schon fast von einem Bein aufs andere hüpfte. Dann endlich probierte Eneas sein Frühstück und gab das erlösende Lob ab, dass der Pfannkuchen sehr gut sei. Tileo musste kichern, strahlte unter dem Lob und freute sich auch schon, seinen Eltern zu zeigen, wie gut er Pfannkuchen backen konnte. Brav versprach er ihnen, dass er sich helfen lassen würde. Kosta hatte ihm das auch schon vorher eingeschärft, dass er nie ohne einen Erwachsenen, der aufpasste, am Herd herumhantieren würde, denn so ein Herd war etwas gefährliches.
"Und bis dahin können wir noch einige Male üben, wie man Pfannkuchen macht", schlug Kosta lächelnd vor. Dezent servierte er Tileo sein eigenes Frühstück, damit er sich vergewissern konnte, ob es wirklich gelungen war. Was sie zwei sicher noch miteinander üben mussten, war Eier aufschlagen. Das war glitschig und die Schale zerbrach zu leicht in unzählige Stücke. Aber anscheinend hatten sie alle Splitter wieder eingesammelt, denn niemand beklagte sich über knirschende Bisse.
Nach dem Frühstück sah die kleine Kombüse aus wie ein Schlachtfeld und Eneas und Tileo waren so satt, dass sie sich kaum mehr rühren konnten. Geschweige, dass sie aufräumen wollten. Doch Eneas erklärte Tileo, dass das eben zum Kochen dazu gehören würde. Ausserdem wolle er Kosta doch dabei nicht alleine lassen. Lieb wie Tileo war, wollte der Junge das natürlich nicht und so half er ergeben mit, die Küche zu reinigen. Kosta gab ihm die leichten Sachen zum Machen und Eneas hätte er am Liebsten zurück ins Bett geschickt. Doch das hätte Tileo wohl weniger nachvollziehen können, wo ihm das Putzen auch nicht sonderlichen Spass machte.
Schliesslich war es geschafft und Tileo sauste an Deck, kaum war die letzte Schüssel verstaut, was Eneas zum Anlass nahm zu seufzen. Als wäre er schon uralt wollte er wissen, wo Tileo nur all seine Energie hernähme. Kosta lachte. "Das liegt vielleicht daran, dass er in sein Bäuchlein nicht ganz so viele Pfannkuchen gestopft hat, wie du, Kapitän Nimmersatt", zog er Eneas auf, dem zum Schluss die glorreiche Idee gekommen war, Tileo eine Serviermethode zu zeigen, die gleich drei übereinander gestapelte Pfannkuchen enthielt. Anscheinend hatte Eneas nicht damit gerechnet, dass er sie anschliessend auch essen musste.
"Willst du dich nicht noch etwas hinlegen", bot er ihm dann mitfühlender an. Eneas hatte nicht so lange geschlafen am Morgen und es gab nichts besseres, als sich auf den Rücken zu legen, wenn der Bauch so übervoll war. Eneas wollte das jedoch lieber an Deck machen und nicht in der Koje. Heute war auch eine hervorragende Gelegenheit dazu. Es war schön sonnig, warm und damit auch trocken und es ging nur eine leichte Prise. So konnte man wunderbar an Deck ein wenig dösen, oder in Tileos Fall erst herumturnen und dann etwas zeichnen. Kosta genoss die Zeit, um an den Horizont zu starren und die frische Luft um seine Nasenspitze herum zu spüren.
Am Nachmittag, Kosta war gerade wieder mit kühlenden Getränken für sie alle an Deck gekommen, trat Tileo auf ihn zu und fragte, ob sie jetzt seine Angel ausprobieren konnten. Kosta nickte und führte Tileo hinunter zu dem Stauraum, wo all die Geschenke an den Krieger gelagert wurden. Rasch hatten sie die Angel gefunden. Sie brauchten jedoch noch mehr. Eine Dose mit Ködern und einen Eimer, wo sie die gefangenen Fische reintun konnten, sollten welche anbeissen.
"Buäh, stinkt das eklig", schauderte es Tileo, als sie wieder an Deck waren und die Köderdose offen hatten.
"Den Fischen schmeckts", erwiderte Kosta grinsend. "Sieh her. Du musst sie hier vorne auf den Angelhaken stecken. Aber sehr, sehr vorsichtig. Mindestens genau so vorsichtig, wie wenn du am Herd arbeitest. Dieser Haken ist sehr scharf und wenn der sich in deinem Fleisch verfängt, dann tut das scheusslich weh. Am besten du hast dazu immer saubere, trockene Hände, damit dir der Haken nicht aus den Fingern rutscht. Und ein Messer solltest du auch bereit haben, damit du die Angelschnur abschneiden kannst, solltest du dich doch einmal an den Haken hängen. Dann ist es leichter, ihn wieder rauszunehmen." Tileo bekam grosse Augen und wollte, dass Kosta den ersten Köder befestigte, was ihm ganz recht war. Wenn der Junge klaren Respekt vor gefährlichen Sachen hatte, konnte er viel besser und vorsichtiger mit Gefahren umgehen.
Danach zeigten sie Tileo, wie man die Angel auswarf. Sie erklärten ihm, wie das an Land ging und wie hier an Bord, wo der Platz zum Ausholen doch sehr begrenzt war. Sie sagten ihm auch, dass er immer aufpassen müsse, ob jemand hinter ihm stand oder vor im im Meer schwamm. Schliesslich wollte man ja nur Fische fangen und keine Menschen. Eneas freute sich jedenfalls schon auf einen Fisch zum Abendessen. Erst einmal biss jedoch kein Fisch an und Tileo rutschte etwas unruhig auf seinem Sitzplatz hin und her.
"Kann... kann es sein, dass fischen gar nicht sooo spannend ist?" wagte er zu fragen. Formulierte es höflich um, dass ihm eigentlich total langweilig war, weil nichts anbiss.