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Verstummt





Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Fr 7. Okt 2022, 21:56

"Willst du nicht mit zum Strand zum Lagerfeuer kommen?", fuhr Aliz weiter fort und drehte sich leicht hin und her, Schalk in den Augen. Während Eneas noch überlegte wie er das bloß beantworten sollte, tauchte auf einmal Kosta auf. Wie ein finsteres Gewitter kam er über die Jungs her und ging mit festem Schritt durch die kleine Gruppe hindurch. Er schob Aliz grob zurück ehe er dann Fabiene packte und von ihnen wegzog. Wütend herrschte er den armen Jugendlichen an, dass er hier nichts zu suchen hätte.
Verblüfft starrte Eneas ihn an. Was war denn hier los? Warum war er so wütend?
"Kosta? Was machst du denn da?", fragte Eneas verwirrt. Sonst war Kosta doch noch nie so herrisch und wütend mit Fabiene umgesprungen. Eneas konnte sich nicht vorstellen, dass dieser etwas angestellt hatte. Oder hatte Kosta von dem kleinen Einbruch ins Lagerhaus gehört? Eneas fand das nicht schlimm. Es waren halt überfeifrige, erkundungsfreudige Jugendliche. Wieso sollte Fabiene nicht auch so ein normales Erlebnis haben?
Kosta legte seinen Arm um Fabiene und zog den Jungen feste an sich, während er rückwärts ging und die anderen jungen Männer etwas auseinander trieb.
"Was ist denn in dich gefahren?", fragte Eneas perplex, als er sich langsam fasste. Kosta bedachte ihn mit einem stechenden, finsteren Blick. Dann wandte er den Kopf und sah stattdessen die Jugendlichen drohend an. Manche zogen sich erschrocken zurück, Aliz wirkte sehr verunsichert und etwas ängstlich. Sie wichen weiter zurück, weg von Eneas. War das Kostas Absicht gewesen, dämmerte es dem Krieger langsam. Hatte Kosta all die jungen Männer um ihn herum vertreiben wollen? Nein, das war doch absurd...
Levi wirkte wütend, hatte die Fäuste geballt und blickte zu Kosta, der Fabiene so bedrängte. Der Dhemlaner schien sehr verängstigt und verwirrt, wagte aber nicht sich zu regen. Er sah fragend hoch zu Kosta.
"Die Jungs wollten doch bloß wissen, ob sie eine Strandparty machen dürfen", sagte Eneas. "Los, geht zu Carlita und fragt sie nach einem Bierfäßchen. Keine härteren Sachen." Damit sollten sie sich wohl amüsieren können ohne sich zu sehr betrinken zu können. Außerdem befürchtete Eneas, dass wenn er es verbot, dass sie es bloß heimlich machen würden. Er machte eine hastig wedelnde Handbewegung, damit sie sich entfernten. Aliz blieb noch kurz verloren stehen, doch dann fasste ihn Isai an der Hand und zog ihn mit sich. Die Jungen machten einen großen Bogen um Kosta und rannten zum Gemeinschaftshaus.
Nur Levi blieb hier.
"Lass ihn los!", rief er mit bebender Stimme. "Fabi, wehr dich!", appellierte er an den jungen Dhemlaner, doch der tat nichts dergleichen und war regelrecht erstarrt.

Eneas machte einen Schritt auf Kosta zu, sah ihn fragend an.
"Was ist los? Fabiene hat nur mit mir geredet", erklärte er, "Geht es dir darum? War er mir zu nahe?" Eneas konnte das kaum glauben, doch Kosta hatte Fabiene ja vehement eingeschärft, dass Fabiene ihn nicht anfassen dürfte. Kosta war eifersüchtig gewesen... jedenfalls glaubte Eneas dies. Sicher war er sich nicht. Er hatte es noch nicht so richtig aus Kosta rausgekriegt. Als Eneas ihn am ersten Tag auf der Insel danach gefragt hatte, war sein Freund prompt verstummt und hatte nicht mehr mit ihm gesprochen. Aber wieso war er jetzt sonst so wütend? Dachte er, Eneas hätte sich einem der Jungen nähern wollen? Dabei hatte er Kosta gesagt, dass er nichts sinnliches mit irgendjemanden anfangen würde solange sie nicht geklärt hatten was aus ihnen würde.
"Komm, lass Fabiene los... du machst ihm ja Angst", sagte Eneas vorsichtig.
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von Anzeige » Fr 7. Okt 2022, 21:56

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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Fr 7. Okt 2022, 21:57

Zufrieden registrierte Kosta, wie die jungen Männer, die meisten noch Jugendliche, erschrocken von ihm und damit auch von Eneas zurück wichen. Nur der Blutmann, derjenige den Kosta noch nie gesehen hatte, blieb stehen. Nun, er blieb nicht gerade stehen, doch er wich auch nicht genügend zurück für Kostas Geschmack. Herausfordernd hatte er seine Fäuste geballt und blickte ihn wütend an. Ein dunkles Knurren entwich Kostas Kehle. Der Junge hatte ihm zwar nicht wirklich etwas getan, doch gerade war er für Kosta nur eine Gefahr. Egal wie jung er war. Wenn er Eneas zu nahe kam, dann würde er ihn gnadenlos verprügeln.

Eneas, der ganz verwirrt wissen wollte, was Kosta hatte, eine Frage, die der Krieger selber nicht so recht beantworten konnte, erklärte, dass die Jungs ihn nur gefragt hatten, ob sie eine Strandparty machen dürften. Finster starrte er Eneas wieder an. Das stimmte so nicht ganz. Der zarte Jüngling hier neben ihm, der so verloren und eingeschüchtert dastand, hatte Eneas gefragt, ob er mit an diese sogenannte Strandparty kommen konnte. Das war ein Unterschied. Ein ganz gewaltiger Unterschied. Bevor Kosta jedoch darauf reagieren konnte, schickte Eneas die Jungs zu Carlita. Nervös und unbeholfen zogen sie sich zurück.
Nur Fabiene blieb starr vor Schreck gehorsam in seinem Arm stehen, zuckte nichtmal, als wolle er gehen. Und auch der fremde Blutmann blieb bei ihnen. Mit bebender Stimme fuhr er Kosta an, dass er Fabiene loslassen solle, nur um gleich darauf den Sklaven zu bitten, sich zu wehren. Das klang irgendwie... nett. Verteidigend. Wer war der Kerl? Kostas Zorn loderte etwas weniger und er versuchte darüber nachzudenken, was er hier eigentlich tat.

"Sie wollten dich mit zu dieser Party schleppen", erklärte er Eneas gepresst und stellte damit klar, was die Jungs eigentlich gewollt hatten. Es war nicht einfach nur ums Bitten gegangen. Bei Kosta klang es vielmehr sogar so, als hätten die Jungen allerlei falsches und böses mit Eneas anstellen wollen. Kosta hatte ihn nur davor beschützen wollen. Dieser bat ihn jedoch nun, dass er Fabiene los lassen sollte. Er würde ihm nur Angst machen. Etwas verblüfft, aber noch immer dunkel starrte er den auf den schreckerstarrten Sklaven hinunter. Seine Augen waren ängstlich weit aufgerissen.
Minan! Kosta sah über Fabienes Gesicht unwillkürlich das bleiche, ausgezehrte Gesicht von Minan, der ihn mit grossen, dunklen Augen schmerzerfüllt anblickte und ihn anflehte ihn zu erlösen. Ihn zu töten. Kosta erschauderte.
"Vielleicht ist es ja ganz gut, dass er Angst vor mir hat", knurrte Kosta dunkel. Denn er hatte schlimmes getan. Er hatte Minan vergewaltigt. So oft, dass er es schon gar nicht mehr zählen konnte. Egal dass der Prinz noch ein Jugendlicher war. Fabiene konnte also genau so in Gefahr sein. Er wurde nicht durch seine Jugend geschützt. Kosta wurde übel. Wie betäubt beugte er sich vor, schob seine Lippen an Fabienes Ohr. Dabei war er sich nicht bewusst, dass es so wirkte, als würde er den Jüngling küssen.
"Es tut mir leid", flüsterte er ihm bedauernd zu. Ihm wurde immer schlechter, während die Bilder von Minan vor seinem Inneren Auge einfach nicht verschwinden wollten. "Es tut mir leid, dass ich dir ein so schlechter Herr bin und dass ich dich verletze." Sanft drückte er ihn nochmals an sich, bevor er den Fabiene in die Arme des Jungen schob, der ihn so wehement verteidigt hatte. Er wirkte ganz so, als wäre er ein Freund von Fabiene und den konnte der junge Sklave gut gebrauchen. Und Kosta brauchte... abgehackt wandte er sich im, taumelte zum nächsten Busch am Wegesrand, um sich da würgend zu übergeben. Erst das Mittagessen und als nichts mehr übrig war, nur noch bittere Galle.
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Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Fr 7. Okt 2022, 21:58

Kosta stieß wütend hervor, dass die Jungs Eneas mit zu der Party hatten mitschleppen wollen. Ja, aber wieso flippte Kosta deswegen so aus? War er wirklich eifersüchtig? Eneas war sich nicht sicher. Das war so eine neue, offene Emotion und Seite an Kosta, die er bisher nicht kannte. Es stand zudem im krassen Gegensatz zu ihrem Streit, wo Kosta nicht müde geworden war, zu beteuern, dass alles in Ordnung sei und ihm alles recht wäre. Aber wenn ihm alles recht wäre und er zufrieden damit, im Hintergrund als zeitweiliger Liebhaber zu sein, was hatte dann nun seine heftige Reaktion zu bedeuten? Dann war doch nicht alles in Ordnung und er wollte sehr viel mehr und hatte sehr viel genauere Vorstellungen, als er zugegeben hatte.
Aber bevor Eneas mit seinem Freund darüber reden und der Sache auf den Grund gehen konnte, musste er ihn erst einmal besänftigen.
"Da wär ich doch nicht mitgegangen", wehrte er deshalb ab. Er glaubte auch nicht wirklich, dass die Jungs ihn hatten dabei haben wollen. Aliz vielleicht, falls er das richtig gedeutet hatte... aber Eneas hätte bestimmt nichts mit so jemand Junges angefangen. Er suchte gleichwertige Partner und ein beeinflussbarer, unerfahrener Jugendlicher gehörte garantiert nicht dazu.
Aber ob Kosta das gerade glauben konnte? Er wirkte so außer sich.
Eneas versuchte ihn dazu zu bringen, dass er den eingeschüchterten Fabiene losließ, der stocksteif in Kostas Umarmung steckte und nicht zu wissen schien wie er sich jetzt verhalten sollte. Aber selbst als Kosta bemerkte, wie ruppig er mit dem Jugendlichen umging, so besänftigte es nicht. Stattdessen knurrte er, dass es gut wäre, wenn Fabiene Angst vor ihm hätte.
"Wie meinst du das denn?", fragte Eneas ungläubig. Das konnte nicht stimmen. Kosta hatte solche Sorge um Fabiene gehabt und dass er ihn eventuell enttäuscht hätte. "Lass ihn los, beruhige dich. Ich gehe mit niemanden mit", beteuerte Eneas. Kosta schob sich näher an den Jüngling und schien ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Jedenfalls sah Fabiene sehr verunsichert und fragend drein. Dann ließ ihn Kosta endlich los und schob Fabiene nach vorne in Levis Arme, der seinen Freund gleich beschützend beiseite zog und ihn fragte, ob es ihm gut ginge.

Eneas versicherte sich auch kurz mit einem Blick, aber dann eilte er gleich Kosta hinterher, als dieser sich abwandte. Er ging ganz komisch und beim nächsten Busch am Wegrand blieb er stehen und übergab sich sofort. Erschrocken trat Eneas rasch zu seinem Freund, strich ihm die längeren dunklen Haare mit den blonden Spitzen zurück.
"Es wird schon wieder gut", sagte Eneas leise und streichelte Kosta über den Rücken, während dieser sich weiter übergab. Fabiene kam nun auch besorgt näher, Levi noch etwas zögerlicher. Er schien das nicht für eine gute Idee zu halten. Aber Fabiene schien keinen Groll zu hegen. Er streichelte Kosta zaghaft an der Schulter.
"Habe ich etwas falsch gemacht?", fragte er leise. "Was ist denn mit euch? Seid ihr krank?"
"Du hast nichts falsches getan", erwiderte Eneas, "Kosta ist nur sehr aufgewühlt... Fabiene, holst du uns etwas zu trinken und ein Tuch?", bat er. Es war vielleicht erstmal besser, wenn der Junge kurz weg war. Fabiene schien froh sein, helfen zu können und eilte auch gleich mit Levi los.
Eneas wartete bis Kosta nichts mehr hatte, was er hochwürgen konnte. Trotzdem schüttelte er sich immer noch und zitterte. Lieb streichelte Eneas ihn weiter und rief ein Taschentuch herbei, das er Kosta hinhielt, damit er sich den Mund abwischen konnte. Falls er es nicht selber tat, so war Eneas auch bereit ihm zu helfen. Danach ließ er das Tuch in Hexenfeuer aufgehen.
"Komm, setz dich mal in den Schatten. Du bist kreidebleich", sagte Eneas besorgt und führte seinen besten Freund etwas vom Weg weg und unter den Schatten zweier Palmen.
"Was hast du denn gedacht, was ich mit den Jungs mache oder die mit mir?", fragte er leise, setzte sich neben Kosta. Eneas fächterte ihm mit einem kleineren Palmblatt etwas Luft zu.
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Sa 8. Okt 2022, 08:07

Minan wollte einfach nicht von seinem inneren Auge verschwinden. Wie er nackt und abgemagert auf dem Tisch vor ihm lag. Die Beine gespreizt, einen furchtbaren Apparat an seiner Lendengegend, während Kosta einen Stab in ihn einführte. Ihn zwang, Lust zu empfinden, obwohl er einfach nur noch sterben wollte. Verzweifelt flehte er ihn um Erlösung an. Kosta konnte den Anblick nicht ertragen. Sein Magen rebellierte und liess ihn sich krampfhaft übergeben. So unnachgiebig und brutal, dass seine Beine unter ihm nachgaben und er auf die Knie fiel.
Eneas war beinahe sofort bei ihm und hielt ihm die Haare zurück. Tröstend streichelte er ihm über den Rücken und versprach ihm leise, dass es schon wieder gut werden würde. Er war so lieb. Kosta schluchzte gequält. Er ertrug diese Freundlichkeit im Moment gerade kaum. Die Schuld war alles erdrückend. Dann kam auch noch Fabiene zu ihm. Der süsse, liebe Junge, der ihn ebenfalls trösten wollte, obwohl Kosta gerade eben noch sehr gemein zu ihm gewesen war und ihm grosse Angst eingejagt hatte. Fahrig schüttelte er den Kopf. Nein, Fabiene hatte ganz sicher nichts falsch gemacht. Antworten konnte er jedoch nicht, da noch immer Galle in seinem Mund floss und er sie erstmal loswerden musste.

Glücklicherweise kümmerte Eneas sich freundlich und erklärend um Fabiene, schickte ihn los, etwas zu trinken zu holen und ein Tuch. Das war sehr lieb. Genau das, was Kosta auch mit Fabiene hätte machen sollen. Erstmal brauchte es jedoch noch eine Weile, bis er seinen Magen wieder in den Griff bekam. Zitternd nahm er dankbar das Taschentuch entgegen, welches Eneas ihm reichte. Schwer atmend tupfte er seinen Mund ab, liess es danach erschöpft fallen, woraufhin Eneas es in Hexenfeuerd aufgehen liess.
Wackelig folgte er Eneas über die Wiese. Sein Freund führte ihn zu einem schattigen Plätzchen unter zwei Palmen. Erschöpft liess Kosta sich nieder, die Füsse aufgestellt, damit er seine Ellbogen auf seinen Knien abstützen und sein Gesicht in seinen Händen bergen konnte. Eneas fächelte ihm derweil etwas Luft zu.
"Ich glaube nicht, dass ich überhaupt gedacht habe", brachte er rau und voller abscheu über sich selber heraus. Kosta atmete tief durch, um sich zu fassen. "Ich... ich wollte den Jungs nicht so einen Schrecken einjagen", entschuldigte er sich reuig, wobei er sich so vorkam, als würde er lügen. Er hatte sie definitiv verscheuchen wollen. "Ich sollte nicht hier sein", murmelte er eher zu sich selber. Er tat den anderen Bewohnern, seinen Freunden mit seiner Anwesenheit hier nur weh. "Wie sind die Jungs überhaupt hier her gelangt? Also die Vier, die Prinz Asar und ich eigentlich für Timaris gekauft haben?"
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Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Sa 8. Okt 2022, 08:57

Kosta hatte die Beine angezogen und seine Arme auf seinen Knien abgestützt, den Kopf gesenkt. Eneas betrachtete ihn besorgt. Er mochte es gar nicht zu sehen wie schlecht es seinem Freund ging. Wenn er ihm nur besser helfen könnte. Wieso war Kosta so aufgebracht über die Jugendlichen geworden?
Der Krieger sagte mit rauer Stimme, dass er überhaupt nicht nachgedacht hätte. Er hätte den Jungs nicht solch einen Schrecken einjagen sollen. Eneas glaubte schon, dass sich Kosta irgendetwas dabei gedacht hatte, aber vielleicht konnte er es selbst nicht in Worte fassen.
"Ach, die werden sich schon einkriegen", beruhigte Eneas ihn, "Und es ist nicht so schlecht, wenn es jemanden gibt, vor dem sie etwas Angst haben. Dann stellen sie nicht so viel an. Jetzt gerät die Strandfeier sicherlich nicht zu weit." Er grinste verkniffen, doch Kosta schien noch nicht soweit aufgemuntert zu werden.
Leise murmelte er, dass er nicht hier sein sollte. Eneas sah ihn fragend an. "Wieso? Wir haben Nuranessa aufgebaut. Du gehörst hier ebenso hin wie jeder andere Bewohner", appellierte er an Kosta, der sich nie so richtig zugehörig gefühlt hatte. Wie als hätte er seinen Platz in der Welt noch nicht gefunden. Das hatte Kosta ihm ja auch gesagt. Dass er fort wollte, um sich selbst zu finden, aber es schien alles bloß noch schlimmer gemacht zu haben.
"Die vier? Oh, Timaris hat mir gesagt, dass sie sie nicht gebrauchen kann und mir quasi überlassen. Ich denke, sie wusste, dass ich sie gleich freilassen würde. Und hier haben sie ein gutes Zuhause. Es gefällt ihnen", erzählte Eneas, "Sie stellen zwar manchmal Unsinn an, aber wer hat das nicht als Jugendlicher?" Vorsichtig rückte er etwas näher zu Kosta.
"Hast du geglaubt, ich würde mich für einen von denen interessieren?", fragte er. "Kann es sein, dass du doch etwas eifersüchtig bist? Oder unsicher?"
Kosta zögerte ehe er bekräftigte, dass er wirklich nicht nachgedacht hätte. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu, dass er Angst gehabt hätte, dass die Jungs Eneas zu etwas drängten, was er nicht wollte. Überrascht sah Eneas auf.
"Du wolltest mich beschützen?", hakte er nach. Kosta war schon immer sehr beschützerisch gewesen. "Ich glaube, mit den Jungs wär ich auch noch klargekommen", bemerkte Eneas. Sein Freund hatte viel zu übertrieben reagiert. Stimmte es und er hatte die Situation einfach falsch gedeutet? Kosta entschuldigte sich, falls er ihm nun die Strandfeier vermiest hätte. Eneas stupste ihn sachte mit der Schulter an.
"Die wollen mich doch sowieso nicht dabei haben. Die würden fürchten, ich wäre als Aufpasser da", sagte er grinsend. "Außerdem lese ich Tileo und Arion manchmal abends etwas zum Einschlafen vor..", fügte er hinzu.

"Aber wieso hast du dich so heftig übergeben? Wegen deiner Reaktion?", fragte Eneas und sah Kosta an. "Ich mach mir Sorgen um dich", sagte Eneas, "Du willst nicht mit mir darüber reden, aber irgendetwas scheint dich eindeutig aufzufressen." Und dann brach es so aus Kosta heraus.
In dem Moment kamen Fabiene und Levi wieder angerannt. Fabiene hatte eine Wasserflasche und zwei Tücher und Levi schleppte einen ganzen Wassereimer mit, der laufend drohte überzuschwappen und eindeutig zu schwer für den kleinen, jungen Dieb war. Eneas musste lachen.
"Wollt ihr Kosta ein Bad geben?", fragte er. Fabiene wurde gleich etwas verlegen und meinte, dass sie nicht gewusst hätten wieviel Wasser sie holen sollten. Er wollte Kosta eindeutig etwas gutes tun. Behutsam tränkte Fabiene ein Tuch mit Wasser, faltete es niedlich zusammen und hielt es Kosta dann zusammen mit der Wasserflasche scheu hin.
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Sa 8. Okt 2022, 08:58

Liebevoll versuchte Eneas ihn zu beruhigen, dass die Sklaven sich schon wieder von dem Schrecken erholen würden. Ausserdem sei es gar nicht so schlecht, wenn es jemanden gäbe, vor dem sie etwas Angst hatten. Dann würden sie nicht so viel anstellen. So würde die Strandfeier sicher nicht aus den Fugen geraten. Das mochte wohl sein, nur hatte Kosta sich nie in der Rolle gesehen, dass er Kindern ernsthaft Angst einjagte. Dass er es nun tatsächlich tat, war eine sehr erschreckende Tatsache. So wollte er nicht sei. Ohne grösser nachzudenken murmelte er mehr zu sich selber, dass er nicht hier sein sollte. Leider hörte Eneas ihn trotzdem und protestierte gleich heftig.
"Das meine ich nicht", wehrte er erschöpft auf die Beteuerung ab, dass er hier genau so hingehörte, wie die anderen Bewohner. Schliesslich hätte er mitgeholfen Nuranessa aufzubauen. "Ich hindere euch am Schlafen. Ich bringe Unruhe und Angst hinein", versuchte er seine Aussage zu erklären. "Es sind zu viele hier, die selber noch ganz unsicher sind und den Weg in die Freiheit noch finden müssen. Ich störe dabei nur." Er konnte nur hoffen, dass sein Ausbruch bei den vier anderen Jungs nicht zuviel angerichtet hatte. Matt fragte er nach ihnen. Eneas erzählte ihm, dass Timaris sie ihm mitgegeben hatte, weil sie sie nicht hatte gebrauchen können. Kosta nickte verstehend. Prinz Asar hatten nicht nur Scelter einkaufen können. Zur Tarnung hatten sie auch so viele junge Burschen gekauft, die angeblich auf der Honigbirnenplantage mithelfen konnten. Sie hatten schon vermutet, dass diese mit ihrem Blut nicht wirklich hilfreich sein würden.

Eneas interessierte sich jedoch für etwas ganz anderes. Ob er geglaubt hätte, dass er sich für einen der Jungs interessieren würde. Ob Kosta nicht doch eifersüchtig oder unsicher gewesen sei. Oh, nein. Unsicher hatte er sich in dem Moment nicht gefühlt. Nur wütend. Sehr wütend. Eneas schien sehr zu hoffen, dass Kosta eifersüchtig war. Er fragte nun schon wiederholt danach. Doch so gern er seinem Freund auch sagen wollte, was er hören wollte, glaubte er nicht, dass er eifersüchtig gewesen war. Er gönnte Eneas doch alle Freundschaften und Liebschaften von Herzen. Hauptsache er war glücklich und konnte lächeln.
"Ich glaube, ich habe in diesem Moment wirklich nicht gedacht", antwortete er ehrlich. So wie er empfand, als er daran zurück dachte. Oder war da noch etwas gewesen, dass er nicht gemerkt hatte? Vielleicht. Vorallem hatte er aber hauptsächlich einfach nur reagiert. "Ich hatte Angst, dass sie dich zu etwas drängen, was du nicht willst", fügte er nach einer Weile noch hinzu. Ja, das war auch etwas, was ihn immer beschäftigte. Eneas schien es hingegen eher zu überraschen, dass er ihn beschützen wollte. Dabei wollte Kosta das schon immer. Seit Nevander Tolarim hatte er stets so gut es ging darauf geachtet, dass Eneas nie einem Mann, der Interesse an ihm zeigte, alleine gegenüber stand.

"Ja, das wärst du wohl", nickte Kosta schwach auf Eneas indirekten Tadel, dass er viel zu heftig reagiert hatte und Eneas schon alleine mit den Jungs klar gekommen wäre. Deswegen hatte Kosta vorhin ja auch gemeint, dass er nicht hier sein sollte. Er machte zu vieles kaputt. "Es tut mir Leid, wenn ich dir nun die Strandfeier verdorben habe", entschuldigte er sich müde und erschlagen. Selbst das Grinsen von Eneas und das Stupsen an seine Schulter konnten ihn nicht aufmuntern. "Sie würden dich nur so lange als Aufpasser ansehen, bis sie dich genügend abgefüllt haben und du ganz schmusig wirst", wandte Kosta unglücklich ein. Mit ihnen Beiden konnte man viel zu viel anstellen, wenn sie betrunken waren. Der Krieger dachte an seine letzte, sogenannte Feier und musste unwillkürlich erschaudern.

"Ich wollte Fabiene nicht so eine Angst einjagen", wich er Eneas Frage aus, warum er sich so heftig übergeben hätte. Also ja, indirekt war es wegen seiner starken Reaktion geschehen. Das mit Minan konnte er Eneas nicht sagen. Niemals. Er musste es endlich so sehen, wie es Zucker und Prinz Asar taten. Kosta hatte Minan geholfen, zu überleben. Minan hatte jetzt seinen Arm wieder und war nun wieder bei seiner Familie und seinem Gefährten. Das war es doch wert gewesen. Oder?
Glücklicherweise kamen da auch schon Fabiene und der fremde Junge wieder angerannt. Fabiene mit Tüchern und Wasserflasche, während der Blutmann gleich einen ganzen Wassereimer schleppte, der eindeutig viel zu schwer für ihn war und bei jedem Schritt überzuschwappen drohte. Oh je, was hatte er da nur angerichtet. Eneas hingegen fand es lustig. Er lachte und fragte, ob sie Kosta gleich ein Bad geben wollten. Prompt wurde Fabiene auf süsse Weise verlegen und erklärte mit rosa Wangen, dass sie nicht gewusst hätten, wieviel Wasser sie hätten holen sollen. Er war wirklich niedlich. Kosta wollte ihn gerne tröstend umarmen.
"Danke, Fabiene", nahm er die Wasserflasche und das Tuch entgegen, welches der Jüngling ihm schon in einer fast rituell anmutenden Handlung übergab. "Du bist so gut zu mir." Noch einmal wischte er sich damit gründlich den Mund ab, einfach um Fabienes Geste zu würdigen. Anschliessend trank er gierig aus der Wasserflasche. Durst hatte er wirklich bekommen. Danach stellte er sie beiseite und würdigte auch den schweren, herangeschleppten Eimer Wasser, indem er ihn benutzte, um sich darin das Gesicht zu waschen. Ein Bad täte jetzt wirklich nicht schlecht. Sobald er fertig war, reichte ihm Fabiene sofort das trockene Tuch, damit Kosta sich damit abtrochnen konnte. Liebevoll lächelte er den hilfsbereiten Jüngling an und streichelte ihm kurz tröstend und lobend über die Wange. Dann blickte er aber zu dem anderen Jüngling.
"Und wer bist du, der mir meinen süssen Fabiene so wehement streitig macht?" fragte er den Blutmann, der Fabiene vorhin so angefeuert hatte, sich gegen ihn zu wehren. "Ich glaube, wir wurden einander noch nicht vorgestellt. Was hat dich hier her verschlagen?"
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Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Sa 8. Okt 2022, 09:05

Kosta befürchtete, dass er die anderen Bewohner auf Nuranessa stören würde. Er würde Unruhe und Angst reinbringen, wo es so viele gäbe, die selbst noch unsicher wäre und den Weg in die Freiheit finden müssten. Eneas nickte bekräftigend.
"Ja, und du gehörst dazu. Du hast recht, es sind viele hier, die noch mit einem neuen Leben und ihrer Vergangenheit kämpfen. Die schicken wir doch auch nicht fort. Du bist nicht der einzige, der Albträume hat. Niemand sollte sich auf Nuranessa sorgen müssen, ob er andere mit seinen Versuchen seine Erfahrungen zu bewältigen und sich selbst zu finden, belästigt." Daran glaubte Eneas fest. Und für Kosta war hier auch ein Platz. Was konnte Eneas nur tun, damit sein Freund sich endlich so fühlte, als gehöre er dazu? Was fehlte?
Zunächst versuchte der Pirat zu klären, dass er bestimmt nichts mit den Jugendlichen begonnen hätte. Erneut fragte er, ob Kosta eifersüchtig gewesen wäre, doch sein Freund ging nicht darauf ein. Eneas seufzte innerlich. Vielleicht wollte er es einfach zu sehr hören...
Es waren zwar starke Emotionen im Spiel gewesen, aber womöglich war Kostas Beschützerinstinkt einfach mit ihm durchgegangen. Wobei das hier auf Nuranessa und bei unbedarften Jünglingen schon etwas seltsam war. Der andere Krieger brachte vor, dass ihn die Jungs mit Alkohol hätten abfüllen können und dann wäre er ganz schmusig geworden.
Eneas schmiegte sich kurz an ihn. "Ich werd nur schmusig bei den richtigen Leuten", beteuerte er lächelnd, um Kosta seine Sorgen zu nehmen. Er schien überall Bedrohungen wahrzunehmen. Ob es ihm einfach noch von Raej und Dhemlan in den Knochen steckte? "Und hier passt doch jeder auf jeden auf. Du weißt, dass wir nur Leute auf die Insel lassen, die sich in die Gemeinschaft einbringen können." Natürlich würde man sehen müssen wie sich die Neuen verhielten und entwickeln würden, aber Eneas war guter Dinge.
"Hier ist es nicht so gefährlich wie an den Orten an denen du zuletzt hast sein müssen...", fügte er leiser hinzu.

Der andere Krieger befürchtete, dass er Fabiene große Angst eingejagt hatte, weswegen er sich auch übergeben hatte. So groß konnte die Angst nicht sein, wo Fabiene eifrig mit frischem Wasser zu ihnen eilte; Levi im Schlepptau. Äußerst hilfreich reichte Fabiene Kosta Tücher und Wasserflasche, damit er sich erfrischen konnte.
Der dhemlanische Jüngling lächelte, als Kosta ihn lobte, dass er so gut zu ihm sei. Fabiene schien einfach glücklich, dass er helfen konnte. Da war er nicht anders als Kosta. Dieser nutzte den von Levi angeschleppten Eimer Wasser, um sich das Gesicht zu waschen. Der junge Dieb hatte den Eimer ächzend und platschend abgestellt und sich danach wieder zwei Schritte zurückgezogen. Er ging aber auch nicht. Kosta strich Fabiene sanft über die Wange, lächelte ihn an. Der Junge schmiegte sich in die Hand und strahlte noch breiter. Eneas betrachtete die friedliche Szene lächelnd. Es war sehr schön, dass Kosta sich überwunden hatte, wieder andere Menschen anzufassen. Insbesondere Fabiene, wo Kosta ja besonders durcheinander gewesen war, ob er den Jungen überhaupt noch berühren durfte. Eneas hatte versucht, ihm die unterschiedlichen Berührungen nochmal zu erklären und es schien geholfen zu haben.
Inzwischen hatte Kosta Levi entdeckt und wollte wissen, wer ihm seinen süßen Fabiene streitig machte. Eneas horchte auf. Vielleicht hatten seine Erklärungen auch zuuu sehr geholfen, dachte er.
Der kleine Dieb kam etwas näher. "Levi", sagte er wie als würde das alles erklären. Eneas grinste. Der Jugendliche zuckte mit den Schultern. "Aus Raej", fügte er hinzu.
"Ich habe ihn mitgenommen, als ich in Garois war und nach dir gesucht habe", steuerte Eneas bei, "Dort habe ich Fabiene abgeholt. Und dann... war ich bei Takona", fügte er nach kurzem Zögern hinzu. Fabiene zog die schmalen Schultern zusammen und sah ängstlich drein, als er sich daran erinnerte. Der Jüngling hatte damals furchtbare Angst gehabt, dass er bei Takona landen würde.
"Wir hatten eine Unterhaltung darüber wie meine Mannschaftsmitglieder zu behandeln sind..." Eneas verzog das Gesicht düster. Wenn er nur daran dachte wie Takona mit Kosta umgesprungen war...
"Ich war auch da", sagte Levi, "Fabi, guck", forderte er den anderen Jugendlichen auf, "Zuerst war sie so.. eh eh eh.." Dabei stemmte er die Hände in die Hüften und wackelte demonstrativ hin und her. Fabiene musste kichern.
"Dann habe ich ihr gesagt, dass ich gerne meinen Stützpunkt nach Garois verlegen kann", fuhr Eneas lächelnd vor.
"Und da war sie... ohhhhh.." Levi presste die Hände gegen die Wangen, presste sie gespielt entsetzt zusammen ehe er wie ein erstaunter Fisch nach Luft schnappte. Eneas lachte leise. Levi war gut darin, Leute aberwitzig nachzuahmen. Ebenso wie er gut darin war Fabiene die Angst zu nehmen.
"Sie hat eingesehen, dass es besser ist, uns mit Respekt zu behandeln, wenn wir da sind", sagte der Kapitän. "Sie hatte Levi beim Stehlen erwischt. Ich habe sie so überzeugt, dass ich ihn mitnehmen konnte."
Der Jugendliche schob die Augenbrauen finster zusammen. "Musst du den Teil erzählen?", fragte er. Eneas schüttelte den Kopf.
"Nein, tut mir leid. Den Rest kannst du erzählen, wenn du irgendwann willst", sagte er. Levi schien nicht zu wollen, dass zu viele davon erfuhren, in welcher Lage er gewesen war.
"Oh, ich glaube, ich habe dir noch gar nicht Kosta vorgestellt", fiel Eneas ein, "Das ist Kosta. Oder auch Iason genannt."
Levi nickte. "Schon gehört. Der im Krieg war." Er sah Kosta skeptisch an. "Oder?", fragte er.
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Sa 8. Okt 2022, 09:05

Eneas wollte ihn nicht gehen lassen, fand, dass auch er hier seine Albträume haben durfte. Kosta fühlte sich dadurch jedoch nur schuldig. Gerade die befreiten Sklaven hatten ein Recht darauf, ihre Freiheit kennen und geniessen zu lernen, ohne dass ein Verrückter wie er sie anschnautzte und sie an ihr Sklavendasein erinnerte. Fabiene hatte er ja noch nicht einmal offiziell freigelassen. Respektive so, dass der zarte Krieger es begriff. Im Gegenteil, gerade stellte er Besitzansprüche an ihn. Kosta wusste auch nicht, warum er so heftig reagiert hatte. Es war einfach passiert, als er gesehen hatte, wie Eneas von vielen, hübschen, jungen Männern umringt worden war. Eneas beschwichtigte ihn, dass er nur bei den richtigen schmusig werden würde, wenn er betrunken war, lehnte sich kurz an ihn. Kosta erschauderte unter der vertrauten Geste. Dennoch war er nicht so ganz beruhigt. So sicher hatte Eneas sich auch nicht immer ausgesucht, bei wem es gut war, schmusig zu werden und bei wem nicht.

Um seinen Wutausbruch wenigstens bei den beiden Jugendlichen wieder gut zu machen, nahm er dankbar ihre Hilfsbereitschaft an und nutzte alles, was sie ihm gebracht hatten, um sich wieder etwas frisch zu machen. Der Blutmann war noch etwas skeptisch, doch Fabiene strahlte ihn an, schmiegte sich mit der Wange in seine Hand und kniete sich schüchtern zu ihm. Kosta hatte ihm gegenüber wirklich einiges wieder gut zu machen. Es half, dass Eneas ihm die Erlaubnis gegeben hatte, ihn tröstend zu berühren. Gleichzeitig zeigte er Interesse an Fabienes Freund und zeigte dem Jüngling, dass er ihn noch immer gern hatte, indem er ihn als seinen, süssen Fabiene bezeichnete.
Levi kam zwar etwas näher, blieb aber sehr misstrauisch ihm gegenüber und nannte nur knapp seinen Namen und woher er kam. Das hatte Kosta wohl verdient. Eneas erzählte mehr. Dass er ihn aus Garois mitgenommen hatte, als sie ihn da gesucht hätten. Warum gesucht? Sie hatten doch nur Fabiene abholen sollen. Das hatten sie zwar getan, doch dann seien sie zu Takona gegangen. Fabiene neben ihm schien gleich in sich zusammen zu fallen. Beruhigend und tröstend legte Kosta einen Arm um ihn und zog ihn sanft an sich. Er wusste noch, wie Angst der Junge gehabt hatte, an diese grausame Frau weitergegeben zu werden, so wie Prinz Asar es verfügt hatte.
"Warum seid ihr zu Takona gegangen?" fragte auch Kosta einigermassen entsetzt und blickte Eneas mit grossen Augen an. Das war überaus riskant gewesen. Aber anscheinend hatte Takona Eneas provoziert. "Was hat sie denn gegen die Crew getan, dass du so ein waghalsiges Risiko eingegangen bist?" Das war ganz schön dumm gewesen. Und dann auch noch den armen Fabiene dahin mitnehmen. Kosta begriff wirklich nicht, was da in Garois nach seiner Abreise passiert war. Warum Takona einen Grund gehabt hatte, Goldauges Mannschaft anzugreifen.

Levi erklärte, dass er auch da gewesen sei und hatte seine ganz eigene Methode, wie er Fabiene aufmuntern konnte. So ahmte er die wohlgenährte Unterweltskönigin von Garois übertrieben parodiert nach, so dass der sanfte Dehmlaner kichern musste. Kosta bedachte ihn mit einem liebevollen Lächeln. Es schien ganz so, als hätte Fabiene sich einigermassen gut erholt. Das war schön zu sehen.
"Deinen Stützpunkt nach Garois verlegen?" wiederholte Kosta überrascht und musste nun auch grinsen, als Levi nachahmte, wie entsetzt Takona darüber gewesen war. Ja, das konnte er sich gut vorstellen. "Sie muss dich ganz schön sauer gemacht haben, dass du so etwas androhst", meinte er zu Eneas. "Aber das war viel zu gefährlich. Jetzt so einen Streit mit ihr anzufangen. Ich bin froh, dass ihr da heil rausgekommen seid." Und Kosta war da nicht bei Eneas gewesen, um ihn zu beschützen. Schuldbewusst senkte er den Kopf. Er hätte die Rosen einfach annehmen sollen.

Eneas meinte, dass Takona schlussendlich eingesehen hatte, dass es besser war, sie mit Respekt zu behandeln, wenn sie da seien. Kosta war froh, dass es so glimpflich ausgegangen war. Dabei hatte Eneas es auch geschafft, ihr Levi abzuschwatzen, den sie beim Stehlen erwischt hatte.
"Beim Stehlen?" Kosta runzelte verwirrt die Stirn, bevor er begriff. "Du hast Takona bestohlen?" entfuhr es ihm doch einigermassen entzsetzt. Der Junge musste entweder sehr dumm oder sehr verzweifelt gewesen sein. "Und du hast noch alle Hände?" Das kam sehr überraschend. Doch Levi verzog sein Gesicht und wollte nicht darüber sprechen. Vielleicht war Eneas gerade noch rechtzeitig genug gekommen, um die Strafe zu verhindern. Sanft versicherte Eneas ihm, dass er nicht darüber reden müsse und lenkte vom Thema ab, indem er Kosta vorstellte.

"Im Krieg?" Kosta blinzelte Eneas verblüfft an. Was hatte der Kapitän nur erzählt? Er war doch nicht im Krieg gewesen. Also nicht so richtig. Nicht so, wie es sich die meisten vorstellten. Levi hatte schon recht, ihn skeptisch zu mustern. "Ich war nicht an der Front, wenn du das meinst", antwortete er dem Jugendlichen ruhig. "Eigentlich war ich zumeist sogar sehr weit weg von der Front. Ich war..." Kosta seufzte. "Ich war wohl als Spion unterwegs." Es war die beste Beschreibung, die ihm dazu einfiel, was er gemacht hatte, ohne zuviel zu verraten. Dabei hatte er Zucker die ganze Zeit versichert, dass er kein Spion sei und nun bezeichnete ausgerechnet er sich selber als Spion. Dabei hatte er wirklich nie eine entsprechende Ausbildung dazu erhalten. Es war nur irgendwie einfach passiert und er hatte sich denkbar schlecht dabei angestellt.
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Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Sa 8. Okt 2022, 09:10

Kosta zeigte sich entsetzt und sehr besorgt, dass Eneas zu Takona gegangen war. Es wäre ein großes Risiko gewesen und viel zu gefährlich. Eneas musste leicht schmunzeln.
"Das sagst ausgerechnet du...", bemerkte er. "Du warst doch auch bei ihr..." Kosta hatte sich ebenso waghalsig in Gefahr gebracht und sehr viel auf sich genommen. Und trotzdem schien er nicht zu begreifen, weswegen Eneas bei Takona gewesen sei und was sie denn gegen die Crew getan hätte.
"Na wegen dir..", erklärte Eneas leise. "In Garois' Unterwelt haben sie sich schon darüber unterhalten wie sie mit dir umgesprungen ist. Das konnte ich nicht durchgehen lassen. Und etwas eifersüchtig war ich auch..", fügte er hinzu. "Ich hatte nicht wirklich vor, länger in Raej zu bleiben, ich wollte Takona nur etwas Angst einjagen, dass sie in Zukunft respektvoller gegenüber uns ist." Und das schloss auch Kosta mit ein. Er schien sich Takona einfach ausgeliefert zu haben, um sie zufrieden zu stellen, damit der Haushofmeister weiter ungehindert in Garois agieren konnte. Alles wegen dem Kaufen der Sklaven soweit Eneas dies mitbekommen hatte.
Kosta reagierte sehr überrascht und fragte, was Eneas genau gehört hätte.
"Nun... über deine Liebhaberkünste..", erklärte er und räusperte sich.
Sein Freund winkte ab. "Ach das. Das war Teil des Handels. Prinz Asar hat dafür Muriel bekommen. Die schreckliche Rothaarige aus der Teddybärenbande. Aber deswegen hättest du euch alle doch nicht in Gefahr bringen sollen. Das war doch nichts. Wenigstens konntest du so Levi retten und ihn hier her bringen", sagte er. Eneas fand schon, dass es etwas gewesen war. Es gefiel ihm nicht, wenn jemand so abfällig über seinen Freund sprach. Und er wusste noch nicht, was er davon halten sollte, dass Kosta sich so bereitwillig dafür hergegeben hatte. Er schien keinen weiteren Gedanken daran zu verschwenden. Früher wäre das ein großes und einschüchterndes Dilemma gewesen, aber das schien Kosta nicht mehr zu bekümmern. Er hatte es 'Handel' genannt.
Eneas blickte ihn besorgt an, sagte jedoch nichts mehr dazu. Vor den Jungs wollte er das nicht ausbreiten.

Kosta fragte derweil entsetzt, ob Levi tatsächlich die Unterweltkönigin bestohlen hätte und wie er da noch alle Hände hatte haben können. Der junge Dieb blickte verschlossen drein. "Die wollt was andres als meine Hände...", murrte er. Fabiene löste sich etwas von Kosta, damit er Levis Hand sachte drücken konnte. Weiter sprach der Junge nicht darüber und wollte dann lieber wissen, ob Kosta derjenige war von dem sagte, dass er im Krieg gewesen sei.
Der Krieger wehrte ab, dass er nicht an der Front gewesen wäre. Eigentlich wäre er davon weit weggewesen. Nun, Kosta war auch schon mitten an der Front gewesen, dachte Eneas. Da, wo er Zucker kennengelernt hatte. Kurz musste Eneas an den Soldaten denken. Ob er inzwischen in Raej eingetroffen war? Hoffentlich konnte er Rashar und die anderen im Dschungel finden.
Kosta erklärte seufzend, dass er ein spion gewesen war. Levi machte große Augen und blickte ihn bewundernd an.
"Oh, das war gefährlich oder?", fragte er. "Infos sammeln und rumschleichen... fast wie ein Dieb..." Er nickte verstehend.
Eneas lächelte sanft. Es war bestimmt besser, wenn Kosta bei dieser vagen Vorstellung blieb.
"Kosta könnte dir auch die Taschen leerrauben bevor du was mitbekommst." Sein Freund war auch geübt in Taschenspielerkünsten, aber das waren viele der Piraten. "Ich wette, er könnte dir einige Tricks zeigen."
Levi blickte Kosta mit neuer Neugier an. "Was denn so?" Der Jugendliche kam etwas näher und setzte sich zu ihnen.
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Sa 8. Okt 2022, 09:12

"Ich hatte keine andere Wahl, nachdem Ella ihr gepetzt hat, dass ich da bin", verteidigte Kosta sich, weswegen er Kontakt mit Takona hatte aufnehmen müssen. Eneas hingegen hatte sehr wohl eine Wahl gehabt. "Ella ist Takonas Tochter. Die kleine ist mit allen Wassern gewaschen. Hat sogar behauptet, ich wäre ihr Vater." Das hatte Kosta ganz schön erschreckt. Obwohl er wusste, dass dies eigentlich nicht möglich war. Etwas verärgert darüber, dass Eneas sich so gedankenlos in Gefahr gebracht hatte, wollte er wissen, warum und wurde prompt mit dem Geständnis erschlagen, dass es seinetwegen geschehen sei. Weil die Unterwelt sich darüber unterhalten hatte, wie Takona mit ihm umgesprungen sei. Das hätte er nicht durchgehen lassen können und ausserdem sei er auch eifersüchtig gewesen. Kosta seufzte. Das war nun wirklich kein guter Grund gewesen, weswegen Eneas das Leben seiner Gruppe riskiert hatte.

"Was hast du denn gehört, was so schlimm war, dass das rechtfertigt?" wollte er verwundert wissen, was Eneas sich räuspern liess. Stocken gestand er, dass es um Kostas Liebhaberkünste gegangen wäre. Also das war nun wirklich kein Grund, solch eine Dummheit zu begehen. Kosta zuckte mit den Schultern. "Ach das. Das war Teil des Handels. Damit wir weitere Sklaven kaufen konnten, nachdem der Sklavenmarkt erstmal zusammen gebrochen war. Prinz Asar hat dafür Muriel bekommen", erklärte Kosta beiläufig. Eneas setzte eindeutig falsche Prioritäten.
"Die schreckliche Rothaarige aus der Teddybärenbande", erklärte er, wer Muriel war. Eneas erinnerte sich bestimmt noch an die Frau. "Aber deswegen hättest du euch alle doch wirklich nicht in Gefahr bringen sollen", musste er Eneas trotzdem noch tadeln, damit er aufhörte, so Dummheiten zu begehen. "Das war doch nichts." Wirklich nicht. "Es war schnell vorbei. Ich musste nur etwas Safframatte nehmen und danach war sie mehr als zufrieden." Kosta glaubte nicht, dass Eneas etwas anderes deswegen gehört hatte. Takona war höchstens unzufrieden, dass sie ihn hatte gehen lassen müssen. Kosta seufzte. "Na wenigstens konntest du so Levi retten und ihn hier her bringen." So hatte Eneas sein Leben nicht ganz umsonst riskiert. Es war gut, dass der junge Dieb nun hier war. In Garois hätte er nicht mehr bleiben können, nachdem er es sich mit Takona verscherzt hatte. Seine Hände hatte sie zur Bestrafung offensichtlich nicht gewollt. Fragend blickte Kosta den jungen Dieb an, was er mit seinem Gemurre meinte, dass Takona stattdessen gewollt hatte. Doch Levi wollte nicht darüber sprechen. Dafür zeigte Fabiene sich erstaunlich mutig und löste sich gar etwas aus der Umarmung, um Levi tröstend die Hand zu drücken. Das war ja interessant.

Das Thema wurde dann auch ziemlich schnell gewechselt und Levi wollte von ihm wissen, ob er wirklich im Krieg gewesen war. Kosta schwächte alles etwas ab und gestand schliesslich, dass er als Spion tätig gewesen sei. Prompt bekam der junge Dieb grosse Augen und wollte mehr wissen.
"Oh ja, das war gefährlich", nickte Kosta deutlich. Levi sollte sich da keine romantische Räubergeschichte daraus denken. "Ich musste Infos sammeln, rumschleichen, stehlen und sogar einige Schlüssel kopieren. Wie ein Dieb", gab er zu. "Ich habe wirklich viel gestohlen, Levi. Gute Dinge, die man nicht stehlen sollte. Ich habe die Wahrheit gestohlen, das Leben, Vertrauen und Unschuld." Oh, er hatte noch so viel mehr getan. Es klang jetzt so harmlos. Doch Leben stehlen, bedeutete jemanden zu töten. Und die Unschuld zu stehlen....
Kosta wollte nicht genau darüber nachdenken. Seine Hände begannen schon wieder zu zittern und bald würde ihm wieder übel werden. Krampfhaft versuchte er sich auf das hier und jetzt zu konzentrieren und nicht auf Minan. Trotzdem bekam er nicht mit, wie Eneas und Levi sich über seine Diebeskünste unterhielten und der Blutmann endlich soweit Vertrauen zu ihnen gefasst hatte, dass er sich zu ihnen setzte. Er merkte nur, wie er es in der plaudernden Gesellschaft kaum mehr aushielt. Abrupt erhob er sich.
"Ein andermal", murmelte er fahrig. "Danke für das Wasser Jungs. Fabiene, wenn du Zeit hast, dann komm bei Gelegenheit einmal bei mir vorbei. Ich würde dich gerne noch richtig begrüssen. So wie versprochen." Sachte streichelte er über den seidenweichen Haarschopf des Jünglings, bevor er sich desorientiert abwandte und über das Feld weg spazierte. Tränen brannten in seinen Augen, ohne dass er es merkte. Er brauchte sein Bett. Darin wollte er sich verkriechen.
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Re: Verstummt

Beitragvon Fabiene » Sa 8. Okt 2022, 09:13

"Safframatte?", fragte Eneas und sein Gesicht war düster umwölkt. "Ich hatte so etwas schon befürchtet... das hätte gar nicht passieren dürfen. Dass du so etwas machen musst." Er ballte seine Hand zur Faust und wirkte wütend. Fabiene beobachtete es ängstlich. Er wusste nicht was zwischen den beiden stand, aber beide waren voller starker Emotionen, die sich scheinbar ohne Warnung entluden. Fabiene wusste nicht, wo er da stand. Er strich über die kleine tätowierte Schleife an seinem Handgelenk. Er hatte gedacht, er sei ein Geschenk, aber es schien ihn niemand wirklich haben zu wollen.
Wer würde denn nun sein Herr sein? Levi sagte, Fabiene bräuchte keinen Herr, aber wer würde ihm dann sagen, was er tun sollte? Er hatte sich so lange auf einen Herrn vorbereitet, dem er ganz dienen könnte. Der junge Dhemlaner hatte sich den Moment herbeigesehnt und nun sollte das nicht kommen?
Und weder Eneas noch Kosta schienen gerade Zeit zu haben, ihm das zu erklären.
"Teil des Handels, um weitere Sklaven zu kaufen?", fragte Eneas leicht perplex, "Das beschäftigt dich nicht? Dass du deinen Körper dafür..." Der Kapitän sah zu den beiden Jugendlichen und brach seinen Satz ab. "Die Gefahr in der ich war, war kalkulierbar. Ich war nicht alleine bei Takona. Und sie sollte jeden von uns wirklich besser respektieren." Er sah zu Levi. "Levi mitzunehmen... war nicht wirklich der Plan, aber wir hatten nicht viel Zeit und so konnte ich am besten auf ihn achtgeben. Beziehungsweise hat Fabiene das für mich erledigt." Der Pirat lächelte Fabiene an. Dieses sanfte, beruhigende Lächeln, das den Jüngling sehr gut fühlen ließ. Er bekam eine leichte Röte und sein Blick huschte zu Levi. Fabiene hatte doch nicht viel gemacht. Er hatte nur bei Levi gesessen, als dieser noch die letzten Auswirkungen des Safframatte abgeschüttelt hatte. Er hatte ihn sehr viel berühren wollen.
Fabiene wurde noch etwas nervöser. Trotzdem drückte er Levis Hand.

Schweigend lauschte er dem weiteren Gespräch, während Kosta erzählte, was er alles als Spion gemacht hatte. Es klang für Fabiene sehr beängstigend. Sein neuer Herr war unglaublich mutig. So mutig, dass Fabiene sich im Vergleich sehr klein und gering fühlte. Er war selbst zu ängstlich hier auf Nuranessa zu leben. Am Anfang hatte er sich auch kaum aus dem Zimmer getraut. Dort, wo er noch so furchtbar entstellt im Gesicht gewesen war und er niemanden auf der Insel gekannt hatte. Außer Levi.
Levi wollte auch dauernd mutige und vor allem verbotene Dinge tun, die Fabiene ständig entsetzten. Auch jetzt hörte der Raejer interessiert zu, als Kosta erzählte. Der Krieger bekräftigte aber zum Ende hin, dass er auch gute Dinge gestohlen hätte. Die Wahrheit, das Leben, Vertrauen und Unschuld.
Fabiene dachte nicht darüber nach was das bedeutete. Er verstand die Worte nicht, doch er verstand Kostas Körpersprache umso besser. Der Jugendliche hatte jahrelang gelernt auf solche, kleinen Zeichen zu achten und sie zu deuten. Sein Herr schien gerade einen sehr schweren inneren Kampf auszuüben. Seine Hände zitterten und er wurde fast wieder so blass wie vor dem Übergeben. Fabiene wollte ihm besorgt helfen, aber bevor er es konnte, stand Kosta auf und verabschiedete sich. Fabiene wurde noch einmal durchs Haar gestreichelt. Vorsichtig versuchte der Jüngling nach der Hand zu greifen.
Der Krieger wollte ihn bei Gelegenheit richtig begrüßen. War das eine Einladung? Sollte er ihm jetzt nach?
"Kosta?", rief Eneas da, "Brauchst du etwas? Ich kann doch...", setzte er mit hilfloser Stimme an und war ebenfalls dabei sich aufzurappeln. Fabiene war schneller und erhob sich geschmeidig. Dabei war er entsetzlich unsicher. Fabiene befürchtete, dass es Goldauge nicht recht wäre, dass Fabiene sich mit Kosta traf. Sie hatten sich schon einmal so über ihn behalten und wer ihn nun wie berühren durfte. Aber Kosta wollte ihn begrüßen. Das war eine Erlaubnis. Und Fabiene wollte seinem Befreier so gern etwas gutes tun.
Auf flinken Beinen eilte er also hinter dem Krieger her bis er ihn eingeholt hatte. Oh je, er sah so aus, als ob er weinte. Fabiene brach es das Herz.
"Lord?", fragte er unterwürfig und senkte den Kopf, "Darf ich euch begleiten?"
Hoffentlich wurde Kosta nicht wütend über diese Unverschämtheit. So wie vorhin, als er ihn so fest gepackt hatte...
Zum Glück schien der Krieger erst einmal nicht verärgert und fragte ihn nur, ob er nicht zur Strandfeier gehen wollte. Fabiene schüttelte sachte den Kopf.
"Ich möchte nichts falsch machen." Und die Strandfeier klang danach, als ob es dort ganz viele Gelegenheiten geben würde, etwas falsch zu machen. Genau das was Levi immer tun wollte. "Und dort wird es bestimmt laut und unruhig sein...", fürchtete er sich. Fabiene mochte lieber sanfte Töne und Ruhe.
Der junge Dhemlaner rief ein kleines besticktes Tuch herbei und hielt es Kosta schweigend hin. Für seine Tränen. Das weiße Tuch hatte eine kleine, bestickte rote Hydra.
"Lady Winter hat es mir gegeben", erklärte Fabiene. "Sie hat lauter schöne Sachen." Er dachte nichts böses bei dem Tuch und seinem Symbol darauf. Für Fabiene war es schlicht ein edles akkurat besticktes Tuch. Der Junge ging schweigend neben Kosta her. Fabiene wollte lieber nicht zu viel reden, denn genau das schien den Krieger erst aufgewühlt zu haben. Dass er mit Goldauge über Takona gesprochen hatte. Fabiene konnte das verstehen. Das war eine furchtbare Frau gewesen. Es war gewiss undankbar, aber der Jüngling war sehr froh, nicht bei ihr gelandet zu sein. Die Piraten waren ganz anders als er sich vorgestellt hatte.
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Sa 8. Okt 2022, 09:15

"Nein", hatte er Eneas schlicht geantwortet. Das beschäftigte ihn nun wirklich nicht, dass er seinen Körper für Sklaven für Timaris an Takona verkauft hatte. Im Gegenteil. Wenn es so leicht gewesen wäre, so ihr Leben zu retten, hätte er es noch viel länger getan. Es hatte keine Bedeutung. Es war doch nur sein Körper gewesen. Der hatte ihm ohnehin noch nie gehört. Aber das verstand Eneas einfach nicht. Er hatte nie begreifen wollen, dass Kosta trotzdem immer frei gewesen war. Für Eneas zählte nur die Unterschrift auf dem Papier. Nicht Kostas Innerstes. Auch wenn er das immer behauptete. Kosta zweifelte nicht daran, dass Eneas das auch glaubte. Doch wirklich verstanden hatte er ihn nie. Er sagte zwar, dass er ihn verstehen wollte, aber wann immer Kosta es ihm begreiflich zu machen versuchte, liess Eneas sich von etwas anderem ablenken. Es war zum Schreien. Gerade noch vor ein paar Tagen hatte Eneas ihm gesagt, dass er versuchen wollte ihn zu verstehen. Seit dem war jedoch nichts mehr geschehen. Eneas war glücklich damit, dass Kosta ab und an aus seinem Zimmer kam. Von verstehen wollen war keine Rede mehr.

So war es auch nicht Eneas, der ihm hinterher geeilt kam, sondern Fabiene. Natürlich. Fabiene hatte seine Einladung sicherlich als Befehl verstanden, ihn zu begleiten. Prompt fragte der zarte Krieger auch scheu und unterwürfig, ob er ihn begleiten durfte. Kosta atmete in Gedanken tief durch. Das war kein guter Zeitpunkt. Er war so aufgewühlt. Wütend irgendwie. Bestimmt würde er Fabiene dadurch nur wieder weh tun. Oder Eneas. Eneas wollte nicht, dass er sich auf Fabiene einliess. Gleichzeitig hatte er ihm jedoch erlaubt, wünschte es sich sogar, dass Kosta wieder andere Menschen ausser ihm berührte. Auf unterschiedliche Weisen, nur nicht erotisch eben. Aber die Grenzen waren so fliessend. Kosta erkannte meist erst dann, dass eine Grenze überschritten war, wenn es schon wieder viel zu spät war. Er sollte Fabiene besser gar nicht nicht berühren. Andererseits hatte Eneas auch nichts dagegen gehabt, als er Fabiene vorhin sanft umarmt und tröstend an sich gezogen hatte. Zumindest hatte Eneas nichts gesagt oder merkbar darauf reagiert.

"Natürlich darfst du mich begleiten, Fabiene", antworte Kosta sanft, wobei er gar nicht so recht wusste, wohin er überhaupt wollte. "Aber wolltest du eigentlich nicht zur Strandfeier gehen?" Er wollte das dem Jugendlichen nicht verderben. Kosta hatte schon genügend angerichtet, dass er Fabienes Freunden so einen Schrecken eingejagt hatte. Nur schien es schon zu spät dafür zu sein. Denn der sanfte Sklave schüttelte sachte seinen Kopf und erklärte leise, dass er nichts falsch machen wollte. Ausserdem würde es dort bestimmt laut und unruhig sein. Kosta lächelte wehmütig. Er verstand den Jungen so gut, dass er ein sehnsüchtiges Ziehen in seinem Herzen verspürte.
Bis Fabiene ihm unvermittelt ein weisses Tüchlein entgegen streckte, auf der eine rote Hydra eingestickt war. Erschrocken zuckte Kosta zurück und es entfuhr ihm ein leiser Schrei des Entsetzens. Für einen Moment hatte er Turgor in seiner weissen Krankenpflegeruniform vor sich gesehen. All die Heilerinnen, Lady Ellel, er selbst. Minan! Hastig presste er seine Lippen aufeinander, um nicht weiter zu schreien. Fabiene schien derweil die Welt nicht mehr zu verstehen. Arglos und besorgt erklärte er, dass Lady Winter ihm das Taschentuch gestickt hätte. Sie hätte lauter schöne Sachen. Kosta musste kurz verzweifelt Lachen. Lauter schöne Sachen. Stimmt. Eigentlich war es ein ganz normales, hübsches Taschentuch aus guter Qualität.

"Danke, Fabiene", lächelte Kosta traurig und nahm es behutsam entgegen. Wobei er sich erst einmal überlegen musste, warum Fabiene ihm das Tüchlein gereicht hatte. Bis er realisierte, dass ihm schon wieder Tränen über die Wangen rannten. Das war ja ärgerlich. Rasch tupfte er sie ab.
"Komm, lass uns uns da vorne hinsetzen", schlug er freundlich vor und fasste den Jüngling sanft bei er Hand. Er zog ihn den Hügel, den sie schon die ganze Zeit unbewusst am erklimmen gewesen waren, weiter hoch zu einer Hügelkuppe, von wo aus sie einen schönen Ausblick über das Städtchen und das Meer hatten. Im Schatten eines Orangenbaumes liess er sich mit Fabiene auf die Wiese nieder. Sanft legte er den Arm um ihn. Er hatte einiges wieder gut zu machen, so wie er den Jüngling heute schon erscheckt hatte.

"Du magst es nicht, wenn es laut und unruhig ist?" fragte er nach einer Weile freundlich nach. "Das kann ich gut verstehen. Das mag ich auch nicht. Und ich kann auch gut verstehen, dass du nichts falsch machen möchtest." Aufmunternd lächelte er Fabiene an. "Das geht mir auch so. Es gibt nur so vieles, was man falsch machen kann." Viel zu viel. Schmerzlich starrte er aufs Meer hinaus. Bestimmt hatte er Eneas schon wieder weh getan. "So viele Fehler, die man begehen kann. Immer und immer wieder." Es hörte nie auf. Man musste lernen damit zu leben. Auch mit dem Wissen, dass man weiterhin Fehler machen würde. Kosta wusste nicht, wie er das schaffen sollte.
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Re: Verstummt

Beitragvon Fabiene » Sa 8. Okt 2022, 09:15

Fabiene zuckte erschrocken zurück, als Kosta angesichts des Taschentuches einen leisen Schrei von sich gab. Was war passiert? Fabiene wusste nur, dass er etwas falsch gemacht hatte mit dem Tuch, doch er wusste nicht was. Hastig erzählte er, dass es ihm Lady Winter gegeben hatte und es doch schön aussähe, aber der Krieger sah dies wohl anders. Obwohl er so seltsam lachte. Es war kein normales, herzliches Lachen und hatte mehr etwas bitteres an sich. Sein Herr war auch bei ihrer ersten Begegnung sehr ernst gewesen, aber nicht so sehr wie es ihm jetzt ging. Fabiene hätte ihm so gerne geholfen, nur befürchtete er, dass er alles falsch machte.
"Es tut mir leid", entschuldigte sich der Jugendliche. Er wollte das Tuch, das Kosta so störte, schon wieder fortnehmen, als es dieser doch noch entgegen nahm und sich die Tränen abtupfte.
Kosta fasste ihn an der Hand, was Fabienes Herz augenblicklich schneller schlagen ließ. Jede Berührung fühlte sich so schön an. Der Krieger wollte sich oben auf einen Hügel setzen und Fabiene ließ sich gerne mitziehen. Es käme ihm auch nicht in den Sinn, zu widersprechen. Vorsichtig setzte er sich neben seinem Herrn unter den Orangenbaum von wo sie sehr viel von dem Städtchen und dem Meer sehen konnten. Es war ein sehr schöner Aussichtspunkt. Fabiene sah gerne zu wie dort in dem Dorf alles seinen Gang ging, als dass er sich darunter gemischt hätte.
Er lächelte erfreut, als der Krieger einen Arm um ihn legte. Fabiene rückte noch ein bißchen näher zu Kosta, um die Nähe zu genießen. Und vielleicht wollte Kosta noch mehr. Fabiene hätte es ihm sehr gerne gegeben. Womöglich konnte er Kosta wieder glücklich machen. Es wäre so schön, einen Herrn oder eine Herrin zu haben, die er glücklich machen konnte.

Der Jugendliche nickte, als Kosta nachfragte, ob er es nicht mochte, wenn es laut und unruhig sei. "Das erinnert mich an den Sklavenmarkt", gab er zu, "Bei meiner alten Herrin war es nie unruhig... und immer organisert." Es hatte zwar auch Feste gegeben, aber alles war stets lange vorher bekannt gewesen und genau organisiert. Wer wo saß, was gespielt wurde, was für Kleidung zu tragen sei. Dass sich die anderen Jugendlichen einfach ohne Absprache am Strand treffen wollten, um wer weiß was zu machen, war Fabiene vollkommen fremd.
Kosta sagte, dass er es auch nicht mochte, wenn es laut und unruhig sei. Genauso wie er verstehen konnte, keine Fehler machen zu wollen. Aber die Gefahr bestünde immer. Man könnte so vieles falsch machen. Immer und immer wieder.
Besorgt blickte Fabiene zu dem Krieger. Seine Miene war schmerzvoll. Ob er an Fehler dachte, die er gemacht hatte?
"Deswegen ist es doch besser, einen Herrn oder Herrin zu haben", fand der Jüngling, "Jemanden, der einem sagt, was man tun darf und was nicht. Dann kann man nichts falsch machen", dachte der unschuldige Jugendliche. Er strich sich über die feine Tunika, als der Wind etwas daran zupfte.
"Es tut mir leid mit dem Taschentuch. Ich wollte euch nicht erschrecken", bekräftigte Fabiene, als er an seinen eigenen, letzten Fehler dachte. "Ich mache es nicht noch einmal." Obwohl er nicht wusste was er falsch gemacht hatte. Aber das musste er ja auch nicht. Es reichte, wenn Kosta ihm genau sagte wie er sich verhalten sollte. Damit war Fabiene vertraut und daran konnte er sich halten.
"Ich hatte so große Angst, als mir niemand gesagt hat, was ich machen soll. Auf dem Sklavenmarkt...", erinnerte er sich. Niemand hatte gesagt, dass Fabiene versuchen sollte den Strick um seine Fußgelenke zu lockern oder nach dem blonden Mann zu rufen. Es war beängstigend gewesen selbst zu entscheiden und Fabiene war sofort von wütenden Männern verprügelt worden. Bis sein neuer Herr ihn erneut gerettet hatte. "Eigene Entscheidungen zu treffen ist so schwer", sagte der Jugendliche. "Weiß man denn dabei nie, ob man das richtige getan hat?" Denn bis heute wusste Fabiene nicht, ob es gut gewesen war auf dem Sklavenmarkt nach seinem Retter zu rufen.
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Sa 8. Okt 2022, 09:25

Fabiene blühte allein unter den wenigen lieben Worten, die Kosta für ihn hatte, unter den sanften Berührungen regelrecht auf. Er kuschelte sich an ihn und strahlte ihn glücklich an. Es liess Kostas eigenes Herz ruhiger werden. Vielleicht konnte er bei Fabiene doch noch etwas richtig machen. Verständnisvoll hörte er ihm zu, als Fabiene ihm erklärte, dass laute Unruhe ihn an den Sklavenmarkt erinnern würde. Bei seiner alten Herrin wäre es nie unruhig und immer organisiert gewesen. Die Revolte auf dem Sklavenmarkt erleben zu müssen, war bestimmt ein grosser Schock für ihn gewesen.

"Es ist einfacher, einen Herrn oder eine Herrin zu haben", präzisierte Kosta trotzdem. "Es muss deswegen nicht besser sein. Das kommt auf deine Besitzerin oder deinen Besitzer an. Darauf, was sie für Entscheidungen treffen. Auch Herrinnen oder Herren können Fehler machen und den dann auf dich übertragen. Aber wenn du gehorsam bist, ist wenigstens deine Besitzerin oder dein Besitzer zufrieden mit dir. Und das ist ja meistens alles, was zählt." Nun, eigentlich sollte für einen anständigen Sklaven das alles sein, was zählte. Doch Kosta wollte schlussendlich ja nicht, dass Fabiene weiter ein Sklave blieb.

"Das du mir dein Taschentuch gereicht hast, war kein Fehler", beteuerte er deswegen auch gleich, als Fabiene sich dafür reuig entschuldigte. "Im Gegenteil. Es war freundlich und mitfühlend. Es war richtig. Schliesslich konntest du nicht wissen, dass ich in letzter Zeit viele schlechte Erfahrungen mit dem Emblem der Hydra gemacht habe. Mir tut es Leid, dass ich dich deswegen so erschreckt habe." Es schien jedoch nicht so schlim zu sein. Viel schlimmer hatte es Fabiene auf dem Sklavenmarkt getroffen, als ihm niemand gesagt hatte, was er tun sollte. Liebevoll streichelte Kosta ihm über den Arm, um ihn zu trösten.
"Da sagst du etwas", seufzte er innig, als Fabiene feststellte, dass es so schwer wäre, eigene Entscheidungen zu treffen. "Bei manchen Dingen wird es auch immer schwer bleiben. Bei manchen Entscheidungen weiss man nie, ob es nun gut oder schlecht war, bei anderen weiss man es sehr viel später. Aber es gibt auch Entscheidungen, bei denen man sofort weiss, dass man richtig gehandelt hat. Tileo zum Beispiel", zählte Kosta auf. Fabiene hatte den fröhlichen Jungen bestimmt schon kennen gelernt. "Auch ihn habe ich auf dem Sklavenmarkt gefunden. Er sass zusammen gekauert in einem ganz kleinen Käfig. Einer der über dem Boden baumelte. Ganz schlimm. Der arme Junge hatte so viel Angst und musste heftig weinen. Ein gemeiner Mann wollte ihm weh tun. Da haben Eneas und ich die Sänfte des gemeinen Mannes kaputt gemacht und Tileo gekauft. Jetzt ist er hier und kann wieder lachen, spielen und hat Freunde gefunden. Bald kann er sogar seine Eltern wieder sehen. Das ist doch schön, nicht wahr? Diese Entscheidung war definitiv richtig. Genau wie es die richtige Entscheidung von Eneas gewesen war, Levi hier her mitzubringen, anstatt ihn bei der schrecklichen Takona zu lassen. Und es war auch die richtige Entscheidung, dich hier her zu bringen. An einen sicheren Ort, wo dich niemand hasst." Eindringlich blickte er Fabiene in die Augen. Er wollte, dass der Jugendliche verstand, dass er gern hier gesehen war. Auch wenn Kosta es ihm bisher nicht richtig hatte zeigen können. Und er sollte auch begreifen, dass selber entscheiden nicht immer schlecht war.
"Weisst du, auch als Sklave muss man ständig selber entscheiden", flüsterte er ihm kaum hörbar zu, als wäre es ein ganz besonderes Geheimnis. Für Kosta war es das in gewisser Weise auch. "Selbst wenn einem das selten bewusst ist. Aber du entscheidest dich bei jedem Atemzug selber. Gehorche ich oder gehorche ich nicht. Dir bleibt immer eine Wahl. Immer."
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Re: Verstummt

Beitragvon Fabiene » Sa 8. Okt 2022, 09:36

Kosta fand auch, dass es einfacher sei, wenn man einen Herrn hätte. Aber ob es besser sei, käme auf den Besitzer an. Fabiene nickte und lauschte aufmerksam. Darüber hatte der Hayllier schon einmal gesprochen. Dass Fabiene gut aufpassen musste, wem er sich hingab und dass es die größte und wichtigste Prüfung sei, einen Herrn oder Herrin zu erwählen. Nur hatte das der Jüngling immer noch nicht richtig verstanden, denn er konnte sich dies doch nicht selbst aussuchen. Es war doch immer genau umgekehrt. Der Besitzer erwählte einen. Aber was würde jetzt mit Fabiene passieren? Hier gab es keinen Sklavenmarkt. Mehr noch, viele hatten ihm bereits gesagt, dass es auf Nuranessa auch keine Sklaven gäbe. Fabiene konnte das nicht recht glauben. Sich selbst überlassen zu werden, verunsicherte ihn immens und er wusste dann nie was er tun sollte. Bis Levi kam und ihn ablenkte oder wenn Lady Winter etwas benötigte. Fabiene half ihr sehr gerne.
Kosta sagte, dass auch Herrinnen und Herren Fehler machen könnten.
Fabiene nickte langsam. "Dann würde ich ihnen helfen, es wieder gut zu machen. Oder sie trösten und wieder aufmuntern, wenn ich kann", antwortete er gleich mit sanfter Stimme. Abwartend blickte er Kosta an, ob er richtig geantwortet hatte. Fabiene wollte, dass sein Befreier zufrieden mit ihm war und vielleicht wollte er ihn dann doch als Sklaven haben.
Er war so lieb und geduldig mit Fabiene, erklärte ihm sogar wieso ihn das Taschentuch erschreckt hatte. Es wäre das Hydrasymbol gewesen an das er schlechte Erinnerungen hatte.
Der dhemlanische Jüngling sah ihn an. "Weil ihr im Krieg wart?", fragte er. Vorsichtig wollte er nach Kostas Hand tasten, um ihn tröstend zu streicheln. Stattdessen war es Kosta, der ihn sachte über den Arm streichelte. Fabiene lehnte sich an ihn. Das war schön. Von ihm aus konnten sie ganz lange auf der Hügelspitze sitzen. Von hier sah man sogar das Treiben auf dem kleinen Markt beim Hafen. Die Schiffe schaukelten langsam im Wasser.

Seufzend stimmte Kosta zu, dass es schwer sei, eigene Entscheidungen zu treffen. Das würde immer so sein, aber es gäbe manche Entscheidungen, wo man sofort wusste, ob es gut oder schlecht sei. Der ältere Krieger erzählte dann davon, wie Eneas und er Tileo, den kleinen Jungen, vom Sklavenmarkt gerettet hätten. Bevor ein gemeiner Mann Tileo hatte kaufen können, hätten sie die Sänfte dieses Mannes kauptt gemacht. Erschrocken sah Fabiene drein.
"Kaputt gemacht?" Das klang gefährlich und auch verboten. "Woher wusstet ihr, dass der Mann gemein ist? Ihr habt gesagt, manche Herrinnen oder Herren können ganz furchtbar sein und bei denen wäre das Leben schrecklich. Aber woran erkenne ich das?", wollte er wissen. Fabiene glaubte nicht, dass er sich getraut hätte, Tileo zu retten.
"Ihr seid sehr mutig", flüsterte er bewundernd. Die Piraten schienen dauernd Sklaven zu befreien und dann hier auf die Insel zu bringen. Nur wusste Fabiene nicht, ob er diese Freiheit wollte. Er würde gewiss viele falsche Entscheidungen treffen und Fehler begehen. Es wäre so viel leichter, wenn ihm einfach jemand Befehle geben würde. Und dann hatte Fabiene jemanden, den er glücklich machen konnte. Er freute sich immer so sehr, wenn Lady Winter sich bei ihm bedankte und zufrieden war. Dann sagte sie immer, dass Fabiene sie viel zu sehr verwöhnte.
Kosta wisperte ihm zu, dass auch Sklaven Entscheidungen treffen müssten. Nämlich, ob man gehorchen würde oder nicht. Man hätte immer eine Wahl.
Fabiene blickte nachdenklich zu seinen Zehenspitzen. "Glaubt ihr, dass ich ungehorsam war, als ich beim Sklavenmarkt nicht auf dem Podest bleiben wollte?", fragte er. "Ich hatte Angst, man tut mir weh. Es war so viel Chaos."
Aber er war angebunden gewesen. Er hätte auf die Anweisungen des Sklavenhalters warten sollen. Fabiene hatte jedoch befürchtet, dass diese niemals gekommen wären bevor ihn nicht etwas passiert wäre. Er hatte nicht nachgedacht. Oder sich in einem Atemzug für Ungehorsam entschieden?
Das war kompliziert.
"Herr, was passiert denn nun mit mir?", wagte Fabiene nach einer Weile zu fragen. Er mochte diese Unsicherheit gar nicht. Nicht zu wissen wie der nächste Tag werden konnte, war beängstigend und ließ den Jüngling kaum schnell einschlafen.
"Manchmal helfe ich Lady Winter aus, aber ich fürchte, wenn sie nicht mehr schwanger ist, braucht sie mich nicht mehr", teilte der Jugendliche seine Sorgen mit.
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Sa 8. Okt 2022, 09:53

"Das war ganz einfach herauszufinden, dass er Mann gemein ist", antwortete Kosta gelassen und eindringlich. Fabiene sollte lernen, richtig von falsch unterscheiden zu können. "Der Mann wollte Tileo anfassen, obwohl er nicht wollte. Er hat ihn zum Weinen gebracht. Einen Jungen. So etwas tut man nicht. Man tut keinen Kindern weh. Grundsätzlich sollte man niemandem weh tun. Und schon gar nicht jemanden zum Weinen bringen. Wenn jemand so etwas absichtlich macht, dann kannst du dir sicher sein, dass er kein guter Mensch ist." Das konnte der sanfte Fabiene hoffentlich nachvollziehen. Der Sklave wollte auch niemandem weh tunt. Im Gegenteil, er wollte sogar seinem Besitzer helfen, wenn der einen Fehler gemacht hatte und wollte ihn trösten. So konnte er sicher auch verstehen, dass man Kindern nicht weh tat. Oder sonst jemanden. Auch wenn es viel zu leicht geschah, dass man es unabsichtlich machte.

"Auf dem Sklavenmarkt? Hmmm, nein ich würde nicht sagen, dass du da ungehorsam warst", verneinte Kosta nachdenklich, nachdem er versucht hatte, Fabiene näher zu bringen, dass man sich auch als Sklave immer wieder entscheiden musste. "Da war doch kein Aufseher und kein Händler mehr an deinem Stand, als du mich um Hilfe gebeten hast. Sie haben dich im Stich gelassen. Ich finde, das sie damit den Besitzanspruch an dich aufgegeben haben." Verschmitzt zwinkerte er Fabiene zu. "Du warst also ein freier Mann und konntest somit gar nicht ungehorsam sein." Entweder so oder Fabiene war tatsächlich ungehorsam gewesen. Hatte sich selbst dafür entschieden. So oder so gab es dem Jüngling einiges zum Nachdenken, weswegen sie für eine Weile schwiegen. Kosta störte sich nicht daran. Auch wenn er seine eigenen Gedanken nicht schweifen lassen mochte, aus lauter Angst, woran er wieder denken mochte, so genoss er es doch, einfach hier zu sitzen und die Aussicht zu bewundern. Er war so lange eingesperrt gewesen.

"Ah, Fabiene, du hast keine Ahnung, was es bedeutet Kinder zu haben", lachte Kosta herzlich, als der sanfte Krieger meinte, dass Lady Winter ihn nicht mehr brauchen würde, wenn sie nicht mehr schwanger war. "Dann wird sie dich mehr denn je brauchen. Kinder brauchen rund um die Uhr Aufmerksamkeit und Schutz. Das ist alleine kaum zu bewältigen. Und wenn dieses Kind genau so lebendig ist, wie seine Halbschwester, dann wird es die ganze Insel auf Trab halten. Lhal kann zum Beispiel innerhalb einer Minute mit einer Schüssel Haferbrei ein Zimmer komplett neu dekorieren und definitiv nicht so, wie du es gerne hättest." Lady Winter könnte Fabienes Hilfe weiterhin noch gut gebrauchen, wenn der Krieger das wollte.

"Was möchtest du denn, das mit dir passiert, Fabiene?" fragte er nacher jedoch nochmals ruhiger. "Wie geht es dir hier auf der Insel. Konntest du dich ein bisschen daran gewöhnen, nun unter Piraten leben zu müssen? Eneas hat gesagt, dass du Lady Winter oft hilfst. Gefällt dir das? Oder möchtest du lieber etwas anderes machen?" Sanft nahm er Fabienes Hand in die seinen, drehte das Handgelenk sachte herum und schaute sich die kleine, eintätowierte Schleife an. Zärtlich streichelte er darüber.
"Du warst so entsetzt und unglücklich, als sie dir damals gestochen habe", erinnerte Kosta sich wehmütig. "Es tut mir Leid. Ich wusste keinen anderen Weg als diesen, um dich in Sicherheit zu bringen. Es hat bestimmt furchtbar gebrannt. Warum hast du die Schleife nicht weg machen lassen? Du warst doch so traurig, dass ich dich damit entstellt habe."
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Re: Verstummt

Beitragvon Fabiene » Sa 8. Okt 2022, 09:54

Kosta erklärte ihm geduldig wieso der Mann, der Tileo hatte kaufen wollen, kein guter Herr gewesen wäre. Er hätte Tileo zum Weinen gebracht und man würde keinen Kindern weh tun. Wenn jemand absichtlich einem anderen weh tun würde, könnte man schnell erkennen, dass dies kein guter Mensch sei. Fabiene nickte, aber alles verstand er nicht. War Tileo nicht auch ein Sklave gewesen? Dann hätte sein Besitzer ihm auch weh tun dürfen. Aber der Jugendliche verstand, dass dies nicht schön war. Es war gut, dass die Piraten ihm dies erspart hatten und Tileo bald zu seiner Familie konnte. Wenn er eine Familie hatte, dann war er womöglich nicht lange Sklave gewesen.
Fabiene wollte natürlich auch lieber zu jemanden, der gut und sanft zu ihm war. Selbst wenn er es sich nicht aussuchen konnte. Oder jetzt vielleicht schon, doch der junge Dhemlaner wusste nicht wie er das bewerkstelligen sollte.
Er wusste nichtmal, ob er auf dem Sklavenmarkt richtig gehandelt hatte. Der Krieger neben ihm meinte, dass die Aufseher Fabiene auf dem Markt im Stich gelassen hätten und ihn dann gar nicht mehr besessen hatten. Da hätte Fabiene auch nicht ungehorsam sein können.
"Meint ihr?", fragte der Junge, Er wollte nicht ungehorsam sein und fragte sich, ob seine alte Herrin ihn jemals wiederfinden und ihn bestrafen würde.
"Ich weiß nicht, ob ich ein freier Mann bin", wandte er deshalb ein. Er fühlte sich jedenfalls nicht danach. "Ich weiß auch nicht, ob ich das will. Dann hat man doch niemanden und muss alles alleine entscheiden und vollbringen." Das überstieg die Vorstellung des behüteten Jünglings. Sein ganzes Leben hatte man Fabiene darauf vorbereitet, sich voll und ganz einer Person hinzugeben und nur für sie zu leben, aber wo war jetzt diese Person? Würde er denn keine Herrin oder Herr bekommen? Es stimmte Fabiene traurig.

Er befürchtete auch, dass Lady Winter, der er wenigstens etwas helfen konnte, ihn nach der Geburt nicht mehr benötigen würde. Kostas Antwort darauf war ein herzliches Lachen. Fabiene lächelte scheu und freute sich, dass der Pirat auch wieder lachen konnte. Dann hatte Fabiene schon etwas gutes getan heute.
Kosta erklärte ihm, dass Lady Winter ihn mit dem Baby erst recht brauchen würde. Kinder bräuchten die ganze Zeit über Aufmerksamkeit und Schutz. Außerdem schienen sie gerne Zimmer mit einer Schüssel Haferbrei zu dekorieren.
"Ich wollte das Zimmer ganz hell gestalten, da Lady Winter doch so gerne weiß mag", sagte Fabiene, "Aber auf weiß sieht man Flecken ganz schnell...", kamen ihm nun Bedenken angesichts der Haferbrei Geschichte. Daran hatte er nicht gedacht. "Eneas hat mir aufgetragen, ein neues Zimmer für Lady Winter und ihr Baby einzurichten, aber... ich weiß nicht so viel darüber, was Babies brauchen", gab er zu. "Ihr kennt die Halbschwester? Könnt ihr mir... hmm.." Fabiene wurde noch etwas schüchterner, "Würdet ihr mir ein paar Ratschläge geben?", wagte er zu fragen, denn eigentlich wollte er seinen Befreier nicht belästigen. Er hatte mitbekommen, dass es diesem nicht so gut ging.

Kosta stellte ihm die schwierige Gegenfrage, nachdem Fabiene hatte wissen wollen was mit ihm in Zukunft passieren würde, was Fabiene sich denn wünschte. Der Jugendliche sah ihn ratlos an. Er wusste nicht wie er das beantworten sollte, doch der ältere Krieger bohrte nach und wollte wissen wie es Fabiene bisher auf der Insel gefallen würde.
"Es ist sehr friedlich hier", antwortete der Junge lächelnd, "Ein bißchen einfacher, als das was ich kenne. Aber nicht schlechter", schob er schnell hinterher. Er wollte Kosta natürlich nicht beleidigen. "Es ist seltsam, dass es keine Adeligen gibt. Aber dafür gibt es ja die junge Königin." Er strahlte und dann noch etwas mehr bei der Erwähnung von Lady Winter. "Ja, das gefällt mir." Er nickte bekräftigend. "Vorher habe ich mich gar nicht getraut irgendwo mitzumachen. Es war alles so fremd. Aber dann hat sie mich einmal gefragt, ob ich ihr einen Fußhocker bringen kann und seitdem helfe ich ihr. Meistens bringe ich ihr etwas oder trage etwas für sie. Oder helfe ihr aufzustehen. Manchmal darf ich ihr den Rücken oder die Füße massieren", erzählte er bereitwillig. "Oder ich versuche sie aufzumuntern. Ab und zu ist sie traurig. Wegen dem Vater des Kindes, glaube ich. Und wegen Dhemlan..", fügte er ganz leise hinzu. Auf der Insel lebten sehr viele Hayllier und Fabiene wollte sie nicht verärgern. Er hatte in Raej am eigenen Leib erlebt, dass die Menschen momentan nicht gut auf Dhemlaner zu sprechen waren. Dass Lady Winter auch aus Dhemlan kam, verband ein bißchen.
"Etwas anderes machen? Ich weiß nicht was", sagte der Jugendliche ratlos, der keinerlei Vorstellungen hatte, was er tun könnte. "Könnt ihr mir nicht sagen, was ich tun soll?", bat er seinen Befreier.
Kosta griff sachte nach Fabienes Handgelenk und betrachtete die tätowierte Schleife ehe er darüber streichelte. Der schlanke Jüngling hielt still, während er ein leichtes Erschaudern nicht erwehren konnte. Sanfte Berührungen fühlten sich immer gut an und er sprach schnell darauf an.
Der Pirat bemerkte, dass Fabiene damals beim Einstechen sehr unglücklich gewesen war, dass er damit entstellt worden war. Wieso er die Schleife nicht hatte wegmachen lassen?
"Es war das einzige was ich von euch hatte...", sagte Fabiene und blickte Kosta ergeben an. Da hatte sich der Jugendliche nicht davon trennen können. "Und nachdem es nicht mehr so gerötet war, fand ich es ganz schön. Fast alle Piraten hier haben Tätowierungen. Goldauge hat ganz viele auf einem seiner Arme." Das sah so unheimlich aus, war aber auch sehr faszinierend und männlich. Fabiene hatte gedacht, wenn er die Tätowierung behielt, würde er auch etwas dazu gehören.
"Außerdem... es zeigt doch an, dass ich ein Geschenk bin", fügte er kleinlaut hinzu. "Aber ich weiß nicht für wen.."
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Sa 8. Okt 2022, 10:29

Liebevoll lächelte er Fabiene an, als dieser feststellte, dass er nicht wisse, ob er ein freier Mann sei. Ja, das konnte er sehr gut nachvollziehen. Das war gar nicht so leicht heraus zu finden und natürlich war es noch viel, viel schwieriger, alles alleine zu machen und zu entscheiden. Dabei musste man das gar nicht. Es gab Freunde und Familie, die einem dabei halfen. Manchmal. Meistens. Aber auch das musste man erst einmal lernen. Es war nicht leicht. Kein Wunder überforderte das Fabiene. Kosta gab ihm die Zeit, sich daran zu gewöhnen, drängte ihn nicht weiter und fragte ihn stattdessen, wie es ihm denn hier auf der Insel so ginge und was er hier bisher so gemacht hatte.

"Lady Winter ist bestimmt sehr froh über deine Hilfe", bestätigte er Fabiene in seinem tun. "Sie ist genau wie du noch ganz neu hier und ein Kind auf die Welt zu bringen, ist keine einfache Sache." Lachend erzählte er ihm von Lhal und wie sie einem auf Trab hielt. Wenn Fabiene es gerne tat, würde Lady Winter sicherlich auch weiterhin froh über Fabienes Hilfe sein. Und für Fabiene tat sich damit eine völlig andere Welt auf, was ihn ganz schüchtern werden liess. Doch er fragte nach. Das war ein gutes Zeichen. "Ich helfe dir gerne", versicherte Kosta ihm freundlich. "Strahlend weiss ist wirklich nicht so eine gute Idee, um die Wände damit zu streichen. Aber so ein helles créme würde schon gehen. Mit einem Kind gibt es so oder so viel zu putzen. Noch viel wichtiger ist es jedoch, das Zimmer kindersicher zu machen. Du glaubst nicht, woran man da alles denken muss." Kinder fanden immer einen Weg, sich irgendwie in gefährliche Situationen zu bringen.

Wenigstens gefiel es Fabiene hier. Er fand es friedlich hier. Es wäre einfacher, als das was er kennen würde, aber das wäre nicht schlechter, fügte er eiligst hinzu. Offenbar sass es tief in Fabiene, dass Kosta deswegen mit ihm geschumpfen hatte. Kosta nickte ihm anerkennend zu, dass er das so gut gelernt hatte. Auch wenn es merkwürdig sei, dass es hier keine Adeligen gäbe. Aber immerhin gäbe es eine junge Königin. Kosta musste schmunzeln. Wenn Lilian wüsste. Doch noch war es zu früh, als dass er wirklich schon wissen sollte. Stattdessen fragte er ihn, ob es ihm gefiele, für Lady Winter da zu sein. Prompt fing der Jüngling an zu strahlen. Kosta war sich nicht so sicher, ob dies an der Heilerin lag oder daran, dass er sie verwöhnen konnte. Es war jedenfalls schön zu sehen, wie er sich in gewisser Weise entspannen konnte.

"Dem Vater ihres Kindes geht es gut", versicherte Kosta. "Er ist in Hayll am Hof und lernt da gerade seine Tochter kennen. Sie ist auch noch nicht so alt. Aber schon ganz schön lebendig. Sie unglaublich scharfe Zähne und einen ganz zarten Flaum an den Oberschenkeln. Wunderschön. Und ihre Ohren erst. Sie kommt ganz nach ihrem Vater. Und ihre Mutter, ich glaube, sie ist auch Dhemlanerin. Genau wie du. Deswegen braucht du dich nicht zu schämen. Schon gar nicht hier. Hier musst du dich deswegen auch nicht fürchten. Hier hat niemand etwas gegen Dhemlaner. Vor dem Krieg waren wir oft in Dhemlan. Einige meiner besten Freunde stammen von da." Kosta lächelte traurig. "Mein zweiter Liebhaber, den ich je im Leben hatte, ist Dhemlaner. Und jetzt sitzt er da in diesem schrecklichen Schloss fest und ist kurz davor, sich das Leben zu nehmen." Davon hatte er Eneas noch gar nichts erzählt. Kosta hatte nicht gewusst wie. Er ballte die freie Hand zur Faust und bresste sie gegen den Mund. Andiël und Kalliope. Bitte, sie mussten einfach durchhalten. Bald würde Timaris sie befreien kommen. Sie mussten nur noch ein klein wenig länger durchhalten. Es war nur so. Ein Tag in dieser Hölle, war schon zu lang.

"Wenn... wenn du möchtest, werde ich das tun", versuchte er sich zusammen zu reissen, als Fabiene ihn bat, ihm zu sagen, was er tun solle. Traurig lächelte er ihn an, streichelte ihm über die Wange. "Unter einer Bedingung. Ich werde dir nur sagen, was du tun sollst, wenn du über jede meiner Fragen genau nachdenkst und mir so antwortest, wie du darauf empfindest. Nicht einfach so, dass du das sagst, von dem du denkst, dass ich es hören möchte, sondern das was du selber denkst. Versprichst du mir das? Dann werde ich, wenn du möchtest, eine Weile dein Herr sein und dir sagen, was du tun sollst." Armer Fabiene. Dabei wollte er sich doch so gerne einfach nur an jemanden binden und die Person glücklich machen. Es war, als würde er sich danach sehnen, sich zu verlieben. Das wollte Kosta ihm jedoch nicht zu schnell erlauben. Es würde nur sein Herz brechen, wenn sein so erwählter Herr nicht das erwidern konnte, was Fabiene sich ersehnte.
Kosta fürchtete auch, dass Fabiene sich in ihn verlieben könnte. Es würde das Unglück des Jungen nur noch vergrössern. So wusste er erst einmal auch nicht was sagen, als Fabiene ihn ergeben ansah und erklärte, dass die Tätowierung das einzige gewesen sei, was er von ihm hatte. Das war so lieb. Mit der Zeit hatte Fabiene die Schleife sogar schön gefunden. Ausserdem hätten fast alle Piraten heir eine Tätowierung. Aber am Meisten schien Fabiene die Tätowierung behalten zu wollen, weil sie zeigte, dass er ein Geschenk sei. Auch wenn er nicht wisse, für wen.
"Und ich dachte, die Tätowierung zeigt an, dass du ein Pirat bist wie Goldauge", scherzte Kosta, drückte den entsetzten Jüngling jedoch gleich darauf tröstend an sich. "Auf jeden Fall kannst du zu der Schleife nun eine abenteuerlustige Geschichte erzählen. So wie es sich gehört. Goldauge kann das zu jedem einzelnen Bild auf seinem Arm auch erzählen. Du musst ihn nur fragen. Mit einem hast du jedenfalls absolut recht Fabiene. Du bist ein Geschenk. Ein wunderbares, grossartiges Geschenk. Lass dir nur nichts anderes einreden. Wir werden schon noch herausfinden, für wen oder was du bestimmt bist. Du und ich, wir werden es herausfinden. Gib uns einfach genügend Zeit dafür. Dann wird alles gut werden. Ganz bestimmt." Sanft küsste er Fabiene auf die Stirn. Er sollte sich deswegen keine Sorgen machen und noch weniger sollte er sein Herz zu früh verschenken.
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Re: Verstummt

Beitragvon Fabiene » Sa 8. Okt 2022, 10:30

Kosta gab ihm liebenswerterweise ein paar Ratschläge für die Gestaltung des Zimmers. Cremefarben wäre besser als weiß und es wäre sehr wichtig, dass es kindersicher sei. Fabiene fragte sich, wie das wohl gemeint war und woran man da denken musste. Das klang plötzlich nach mehr Verantwortung, als ihm bewusst gewesen war. Wenn er das Zimmer einrichtete und dann Lady Winters Kind darin etwas zustieß... der Jugendliche wurde nervös.
"Und wie mache ich ein Zimmer kindersicher? Ich möchte nicht, dass das Kind sich wehtut", fragte Fabiene noch einmal um Rat und der Pirat war so lieb, ihm noch ein paar Dinge mehr zu sagen. Kosta kannte sich wirklich gut darin aus. Fabiene fragte sich, ob der ältere Krieger eigene Kinder hatte, doch bisher hatte er noch nichts dergleichen erwähnt.
Vielleicht hing es damit zusammen, dass Kosta anscheinend die Tochter von Lady Winters Freund kennengelernt hatte. So wie er beschrieb, klang das aber sehr seltsam. Scharfe Zähne? Spitze Ohren und... Fell?
"Von so einem Baby habe ich noch nie gehört", gab der Jugendliche zu. Der Vater war offensichtlich kein Dhemlaner. Kosta beruhigte Fabiene, dass er sich seiner Herkunft nicht schämen oder fürchten müsste. Niemand auf Nuranessa hätte etwas gegen Dhemlaner. Kostas beste Freunde würden aus Dhemlan kommen.
Fabiene lächelte. Er hatte bisher nie aussuchen können, wo er sich aufhielt. Zwar wusste er viel über Dhemlan durch seine Ausbildung, aber gesehen und erlebt hatte er nur wenig in seiner Heimat. Trotzdem hoffte er, dass der Krieg bald vorüber wäre und Dhemlan wieder beliebt werden würde.
Kosta erzählte von seinem zweiten Liebhaber, der momentan im Schloss in Dhemlan festsitzen würde und kurz davor stünde, sich das Leben zu nehmen. Fabiene sah erschrocken drein.
"Das ist schrecklich...", flüsterte er und hielt Kostas andere Hand tröstend, während jener sich mit der anderen Hand erstickt den Mund zuhielt. "Hoffentlich ist der Krieg bald aus", sprach der Jüngling seine Gedanken aus. Krieg war Chaos, so viel hatte er bei den Tumulten auf dem Sklavenmarkt mitbekommen.

Fabiene mochte kein Chaos. Selbst hier wo es so friedlich auf Nuranessa war, kam es ihm doch so vor, als sei es etwas chaotisch und durcheinander. Die meiste Zeit wusste er nicht was er tun sollte. Er hatte sich so lange auf seinen zukünftigen Besitzer vorbereitet und wie er ihm dienen konnte. Nun diese Person nicht zu haben, ließ ihn sich unvollständig fühlen. Fabiene wollte sich so gerne jemanden ganz und gar hingeben.
Ob das nicht sein Befreier sein konnte? Oder dass er ihm wenigstens helfen konnte indem er ihm sagte, was er tun sollte? Dann würde Fabiene auch nicht Gefahr laufen, falsche Entscheidungen zu treffen oder Fehler zu machen. Kosta streichelte ihm traurig lächelnd über die Wange und stimmte zu, dass er für eine Weile sein Herr sein konnte.
Der Jüngling begann dankbar zu strahlen. Doch wieso schaute Kosta dabei so traurig? Fabiene wollte ihn unbedingt glücklich machen. Der ältere Krieger wollte ihm aber nur Anweisungen geben, wenn Fabiene genau über gestellte Fragen nachdachte und ehrlich antwortete. Er sollte nicht einfach das sagen, von dem er glaubte, dass Kosta es hören wollte. Der junge Dhemlaner nickte zögerlich. Das lief im direkten Widerspruch zu seiner Ausbildung. Den Herrn zufrieden zu stellen war dabei immer das oberste Gebot gewesen.
"Ja, ich versprechs", sagte Fabiene trotzdem. Zu groß war sein Wunsch nach Weisung.
Es war gut, dass er die tätowierte Schleife behalten hatte. So wie Kosta nun darüber streichelte und ihn berührte. On Fabiene am Ende das Geschenk für den Piraten sein konnte?
Kosta scherzte, dass er dachte, die Tätowierung zeige was für ein furchtloser Pirat Fabiene jetzt wäre. Der Jugendliche sah ihn erschrocken an. Ein Pirat? Er? Nein, er würde sich an das Gesetz halten.
"Ich mache nichts verbotenes", beteuerte er. Der Hayllier drückte ihn an sich und Fabiene kuschelte sich nähesuchend in die Umarmung. Sachte streichelte er Kosta dabei über den Rücken als leises Angebot, falls er mehr wollte.
Dieser fand, dass die Tätowierung für eine abenteuerliche Geschichte stünde, so wie Goldauge auch zu jeder seiner Tätowierungen eine Geschichte erzählen könnte. Fabiene wusste nicht, ob er sich trauen würde nach diesen Geschichten zu fragen.
"Mit einem hast du jedenfalls absolut recht Fabiene. Du bist ein Geschenk. Ein wunderbares, grossartiges Geschenk. Lass dir nur nichts anderes einreden", sagte Kosta. Fabiene blickte auf und lächelte schüchtern. Das klang wunderschön. Er wollte einen Herrn, der ihn auch für ein wunderbares Geschenk hielt. Konnte er nicht bei seinem Befreier bleiben?
Aber der fuhr fort, dass sie herausfinden würden für wen Fabiene bestimmt sei. Er müsste nur geduldig sein und dann würde alles gut. Der Jüngling bekam einen Kuss auf die Stirn. Sanft schloss er die Arme um die Taille des anderen Mannes und sah den Hügel hinunter. Man konnte die Anfänge eines wunderschönen Sonnenuntergangs beobachten. Weiter unten sah man eine lachende und plaudernde Gruppe an Jugendlichen, auf dem Weg zum Strand.
"Für euch wird auch wieder alles gut, Herr", sagte Fabiene nach einer Weile. "Ganz bestimmt", fügte er hinzu.
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Sa 8. Okt 2022, 10:34

Fabiene war viel zu lieb zu ihm. Tröstend hielt er ihm die Hand und fand es ebenfalls schrecklich, dass Andiël gefangen war. Es liess Kosta innerlich beben und für den Moment spürte er, wie zerrissen er sich innerlich fühlte. Es tat so weh. So sehr, dass er schreien mochte. Auch wenn er es zu verdrängen versuchte. Er wollte doch einfach nur für Eneas da sein und ihn glücklich machen. Dabei störte es ihn rein gar nicht, sich selbst dabei aufzugeben.
Genau wie Fabiene ihn glücklich machen wollte. Der Jüngling wollte so gerne einen Herrn haben, dem er aufopferungsvoll dienen konnte. Dem er sich hingeben und und den er lieben konnte. Kosta spürte diese Sehnsucht überdeutlich und konnte sie so gut nachvollziehen. Es war seine eigene Sehnsucht. So war er auch sehr versucht, Fabiene stillem und doch intensivem Drängen nachzugeben. Damit wenigstens einer glücklich werden konnte. Doch tief in seinem Innern wusste er, dass er Fabiene niemals ganz das bieten würden könnte, was er sich ersehnte. Das Glück würde nicht lange wären und den Jüngling danach zerstört zurück lassen. Deswegen forderte er von Fabiene immer ehrlich zu antworten.

Nachdem er Fabiene das schwere Versprechen abgenommen hatte, versuchte er ihn auf etwas andere Gedanken zu bringen, scherzte mit ihm, dass er womöglich ein Pirat sei, wo er doch die Tätowierung behalten hatte. Der sanftmütige Krieger war darob ganz entsetzt und meinte, dass er nichts verbotenes tun würde, kuschelte sich gleich schutzsuchend an ihn.
"Nein, das tust du nicht", schmunzelte Kosta und erwiderte die Umarmung liebevoll, hielt den Jungen sanft in seinen Armen, tröstete ihn mit der Möglichkeit auf Abenteuergeschichten. Dabei bekam Kosta jedoch das untrügliche Gefühl, dass Fabiene doch etwas verbotenes tat. So wie er ihm lockend über den Rücken streichelte. Oder vielmehr Kosta war derjenige, der etwas verbotenes tat, weil er sich gegen das Streicheln nicht wehrte. Er sollte es. Doch irgendwie ging es nicht. Fabiene brauchte doch den Trost. Genau wie Kosta. Mit lieben Worten versicherte er dem Jüngling, dass er ganz bestimmt ein besonderes Geschenk sei und bat ihn um Zeit, ihm das zeigen zu können.

"Meinst du?" fragte er leise, als Fabiene meinte, dass auch für ihn alles wieder gut werden würde. Der Junge bekam viel zu viel mit, auch wenn er gleichzeitig sehr naiv war. Doch hier, bei dieser Aussicht und dem Himmel, der sich langsam orange zu färben begann, war er sehr feinfühlig. Oh, der Sonnenuntergang!
"Wolltest du eigentlich nicht mit deinen Freunden zu der Strandfeier gehen?" kam es ihm in den Sinn. Er sollte Fabiene loslassen und ihn dahin schicken. Doch da hatte der Jüngling schon verneint, dass er nicht dahin gehen wollte. Dann brauchte er ihn auch nicht loszulassen. Es war schön, so beieinander zu sitzen.
"Vielleicht können wir morgen wieder gemeinsam spazieren gehen", schlug er Fabiene unbewusst sehnsüchtig vor. "Deine Gesellschaft... sie ist schön... sie tut mir gut."
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