Re: Verstummt
von Kosta » Sa 8. Okt 2022, 10:29
Liebevoll lächelte er Fabiene an, als dieser feststellte, dass er nicht wisse, ob er ein freier Mann sei. Ja, das konnte er sehr gut nachvollziehen. Das war gar nicht so leicht heraus zu finden und natürlich war es noch viel, viel schwieriger, alles alleine zu machen und zu entscheiden. Dabei musste man das gar nicht. Es gab Freunde und Familie, die einem dabei halfen. Manchmal. Meistens. Aber auch das musste man erst einmal lernen. Es war nicht leicht. Kein Wunder überforderte das Fabiene. Kosta gab ihm die Zeit, sich daran zu gewöhnen, drängte ihn nicht weiter und fragte ihn stattdessen, wie es ihm denn hier auf der Insel so ginge und was er hier bisher so gemacht hatte.
"Lady Winter ist bestimmt sehr froh über deine Hilfe", bestätigte er Fabiene in seinem tun. "Sie ist genau wie du noch ganz neu hier und ein Kind auf die Welt zu bringen, ist keine einfache Sache." Lachend erzählte er ihm von Lhal und wie sie einem auf Trab hielt. Wenn Fabiene es gerne tat, würde Lady Winter sicherlich auch weiterhin froh über Fabienes Hilfe sein. Und für Fabiene tat sich damit eine völlig andere Welt auf, was ihn ganz schüchtern werden liess. Doch er fragte nach. Das war ein gutes Zeichen. "Ich helfe dir gerne", versicherte Kosta ihm freundlich. "Strahlend weiss ist wirklich nicht so eine gute Idee, um die Wände damit zu streichen. Aber so ein helles créme würde schon gehen. Mit einem Kind gibt es so oder so viel zu putzen. Noch viel wichtiger ist es jedoch, das Zimmer kindersicher zu machen. Du glaubst nicht, woran man da alles denken muss." Kinder fanden immer einen Weg, sich irgendwie in gefährliche Situationen zu bringen.
Wenigstens gefiel es Fabiene hier. Er fand es friedlich hier. Es wäre einfacher, als das was er kennen würde, aber das wäre nicht schlechter, fügte er eiligst hinzu. Offenbar sass es tief in Fabiene, dass Kosta deswegen mit ihm geschumpfen hatte. Kosta nickte ihm anerkennend zu, dass er das so gut gelernt hatte. Auch wenn es merkwürdig sei, dass es hier keine Adeligen gäbe. Aber immerhin gäbe es eine junge Königin. Kosta musste schmunzeln. Wenn Lilian wüsste. Doch noch war es zu früh, als dass er wirklich schon wissen sollte. Stattdessen fragte er ihn, ob es ihm gefiele, für Lady Winter da zu sein. Prompt fing der Jüngling an zu strahlen. Kosta war sich nicht so sicher, ob dies an der Heilerin lag oder daran, dass er sie verwöhnen konnte. Es war jedenfalls schön zu sehen, wie er sich in gewisser Weise entspannen konnte.
"Dem Vater ihres Kindes geht es gut", versicherte Kosta. "Er ist in Hayll am Hof und lernt da gerade seine Tochter kennen. Sie ist auch noch nicht so alt. Aber schon ganz schön lebendig. Sie unglaublich scharfe Zähne und einen ganz zarten Flaum an den Oberschenkeln. Wunderschön. Und ihre Ohren erst. Sie kommt ganz nach ihrem Vater. Und ihre Mutter, ich glaube, sie ist auch Dhemlanerin. Genau wie du. Deswegen braucht du dich nicht zu schämen. Schon gar nicht hier. Hier musst du dich deswegen auch nicht fürchten. Hier hat niemand etwas gegen Dhemlaner. Vor dem Krieg waren wir oft in Dhemlan. Einige meiner besten Freunde stammen von da." Kosta lächelte traurig. "Mein zweiter Liebhaber, den ich je im Leben hatte, ist Dhemlaner. Und jetzt sitzt er da in diesem schrecklichen Schloss fest und ist kurz davor, sich das Leben zu nehmen." Davon hatte er Eneas noch gar nichts erzählt. Kosta hatte nicht gewusst wie. Er ballte die freie Hand zur Faust und bresste sie gegen den Mund. Andiël und Kalliope. Bitte, sie mussten einfach durchhalten. Bald würde Timaris sie befreien kommen. Sie mussten nur noch ein klein wenig länger durchhalten. Es war nur so. Ein Tag in dieser Hölle, war schon zu lang.
"Wenn... wenn du möchtest, werde ich das tun", versuchte er sich zusammen zu reissen, als Fabiene ihn bat, ihm zu sagen, was er tun solle. Traurig lächelte er ihn an, streichelte ihm über die Wange. "Unter einer Bedingung. Ich werde dir nur sagen, was du tun sollst, wenn du über jede meiner Fragen genau nachdenkst und mir so antwortest, wie du darauf empfindest. Nicht einfach so, dass du das sagst, von dem du denkst, dass ich es hören möchte, sondern das was du selber denkst. Versprichst du mir das? Dann werde ich, wenn du möchtest, eine Weile dein Herr sein und dir sagen, was du tun sollst." Armer Fabiene. Dabei wollte er sich doch so gerne einfach nur an jemanden binden und die Person glücklich machen. Es war, als würde er sich danach sehnen, sich zu verlieben. Das wollte Kosta ihm jedoch nicht zu schnell erlauben. Es würde nur sein Herz brechen, wenn sein so erwählter Herr nicht das erwidern konnte, was Fabiene sich ersehnte.
Kosta fürchtete auch, dass Fabiene sich in ihn verlieben könnte. Es würde das Unglück des Jungen nur noch vergrössern. So wusste er erst einmal auch nicht was sagen, als Fabiene ihn ergeben ansah und erklärte, dass die Tätowierung das einzige gewesen sei, was er von ihm hatte. Das war so lieb. Mit der Zeit hatte Fabiene die Schleife sogar schön gefunden. Ausserdem hätten fast alle Piraten heir eine Tätowierung. Aber am Meisten schien Fabiene die Tätowierung behalten zu wollen, weil sie zeigte, dass er ein Geschenk sei. Auch wenn er nicht wisse, für wen.
"Und ich dachte, die Tätowierung zeigt an, dass du ein Pirat bist wie Goldauge", scherzte Kosta, drückte den entsetzten Jüngling jedoch gleich darauf tröstend an sich. "Auf jeden Fall kannst du zu der Schleife nun eine abenteuerlustige Geschichte erzählen. So wie es sich gehört. Goldauge kann das zu jedem einzelnen Bild auf seinem Arm auch erzählen. Du musst ihn nur fragen. Mit einem hast du jedenfalls absolut recht Fabiene. Du bist ein Geschenk. Ein wunderbares, grossartiges Geschenk. Lass dir nur nichts anderes einreden. Wir werden schon noch herausfinden, für wen oder was du bestimmt bist. Du und ich, wir werden es herausfinden. Gib uns einfach genügend Zeit dafür. Dann wird alles gut werden. Ganz bestimmt." Sanft küsste er Fabiene auf die Stirn. Er sollte sich deswegen keine Sorgen machen und noch weniger sollte er sein Herz zu früh verschenken.