Re: Saphire, Diamanten und andere Kostbarkeiten
von Jonatan » Mi 26. Okt 2022, 19:59
Er erwartete halb, dass der Mann sich ihm wieder nähern würde, nicht wissend, ob Jona das gefiel oder nicht, doch der Adelige zerwuschelte ihm bloß das Haar und meinte, dass Jonatan das Frühstück noch genießen solle. Überrascht sah er den Adeligen an, der nun doch so plötzlich aufgehört hatte mit den Berührungen. Er war aber zum Glück auch nicht wütend, lächelte freundlich und leerte seine Kaffeetasse.
Der Bauernjunge suchte verzweifelt nach irgendetwas was er sagen könnte, aber ihm fiel nichts an und er wusste auch nicht, wie er seine Gefühle in Worte fassen sollte. Was der Mann bei ihm auslöste war... unglaublich. Vielleicht hätte Jonatan doch nicht vom Schoß rutschen sollen. Die Nähe und der Blickkontakt hatte ihn verschreckt.
"Ich...", setzte er leise an, aber der Adelige war bereits im Bad verschwunden. Bald darauf hörte Jonatan das Wasserprasseln der Dusche. Er rutschte vom Sofa, atmete tief durch. Sein Körper spielte verrückt, vermeinte immer noch die Hände des Lords zu spüren. Jonatan keuchte, schüttelte den Kopf, um sich zu besinnen. Nachdem er sich ein bißchen gefangen hatte, nahm er sich noch ein Brötchen und aß so vor sich hin.
Er zuckte bloß zusammen, als sein Herr aus dem Bad kam, umgezogen und elegant hergerichtet. Ach, hätte Jona ihm dabei nicht helfen sollen? Schüchtern schaute er hoch zu ihm. Dieser erzählte ihm was er vorhatte, erlaubte ihm zu bleiben wie lange er mochte, er dürfe auch die Dusche benutzen. Spätestens morgen früh würden sie sich wiedersehen. Erst morgen früh? Das war aber lange.
"Ja, Herr", erwiderte Jonatan auf die Frage, ob er noch viel zu tun hätte. Seine Wangen liefen rot an, als der Mann ihn wieder grinsend Schneehäschen nannte. Das war so ein überhaupt nicht männlicher Spitzname. Wieso nannte ihn der Mann so? Hatte er kein Mädchen?
Wieder schaffte es Jonatan nicht zu fragen und dann war der Adelige bereits gegangen. Jona aß rasch weiter. Es kam ihm irgendwie nicht richtig vor so lange alleine hier zu bleiben. Ob er wirklich die Dusche...
Der Jüngling ging ins Badezimmer, nachdem er fertig gegessen hatte, zog sich wieder aus und stellte sich unter die Dusche. Sofort musste er an die Dinge denken, die der Glacier mit ihm gemacht hatte. Keuchend und bebend stand Jonatan unter dem Wasserstrahl, wagte aber nicht etwas gegen seinen Zustand zu unternehmen.
Der Krieger trocknete sich danach ab, zog seine Unterhose an, die inzwischen trocken war. Doch die Hose und das Wollhemd waren noch leicht feucht und müffelten. Egal, etwas anderes hatte er nicht hier. Er würde zuerst zu seiner Kammer, sich umziehen und seiner Vermieterin sagen, dass er die Unterkunft nicht mehr brauchte.
Bereit mit diesem Plan brach der Bauernjunge auf. Die alte Glacierin bei seiner Unterkunft ließ ihn misstrauisch ein, wollte wissen, wo er gewesen war und ob er sich irgendwo herum getrieben hätte. Jona verneinte hastig, begann von dem Adeligen zu erzählen, doch die Alte hielt es für eine Lüge, scholt ihn. Jona floh in seine Kammer, zog sich schnell um. Eine neue Hose und einen dunkelroten Pullover. Dann packte er all seine Sachen, was nicht viel war. Es passte alles in einen Rucksack. So gepackt kehrte Jona zu der alten Frau zurück, erzählte ihr stolz, dass er mit seinem neuen Herrn nach Dollet reiste.
"Wer will denn mit dir wegreisen? Was arbeitest bei dem denn? Kammerdiener? Dass ich nich lache. Der hat dir ja schön den Kopf verdreht. Pass bloß auf, dass du nich im Straßengraben endest", warnte sie ihn. Jonatan verstand kein Wort und als er beteuerte, dass der Lord sehr nett zu ihm war, verscheuchte ihn die Frau aus der Wohnung, keifend, dass sie so einen wie ihn sowieso nicht hier wohnen haben wollte. Jonatan wusste nicht was sie meinte. Aber als er bei seinen diversen Arbeiten davon erzählte, reagierten alle immer misstrauisch und unfreundlich. Dort würde er sicher keine Arbeit mehr bekommen.
Jonatan beschlich ein mulmiges Gefühl. Er war jetzt völlig auf den Adeligen angewiesen, es gab jetzt kein zurück mehr. Wenn der Mann ihn verstieß, landete Jona wieder auf der Straße. Dennoch wagte er den Schritt. Er glaubte immer noch, es wäre eine große Chance. So gab er dem Boten auch viele der Silberstücke, die der Reiche ihm gegeben hatte.
"So viel auf einmal? Wo hast du das her?", fragte der Bote.
"Ein Adeliger war sehr großzügig. Er hat mich als Kammerdiener eingestellt", erzählte Jonatan wieder.
"Als Kammerdiener? Wer stellt dich als Kammerdiener ein? Welcher Adeliger?", fragte der andere Krieger.
"Ich.. weiß seinen Namen nicht", musste Jona zugeben.
"Du weißt nichtmal den Namen? Jona, der legt dich rein. Man wird nicht einfach so Kammerdiener. Ich kenn Bedienstete. Jeder fängt da ganz unten an. Kammerdiener ist einer der höchsten Ränge unter Bediensteten. Was weißt du denn davon, hm?" Er stupste Jona gegen die Brust.
"N-nichts", musste Jonatan wieder gestehen. Was tat er da eigentlich? "Er wird mich ausbilden. Morgen reisen wir nach Dollet. Sagst du das meinen Eltern? Dass ich Kammerdiener werde?", bat er den Boten Koget.
Der schwarzhaarige Glacier rollte mit den Augen. "Ich sag ihnen du hast ne Stelle bei nem Adeligen angenommen. Wart mal ab was du am Ende für den wirklich bist. Wenn du Kammerdiener bist, wo wäre dann deine Uniform?"
"Uniform?" Jona blickte an sich herab. Koget lachte.
"Du bist so naiv. Bleib lieber in Linaka. Da sind deine Chancen höher."
Doch Jonatan setzte seine Hoffnung in den Adeligen. Nachdem er mit allem fertig war, suchte er auf dem Markt noch ein paar billige Kleidungsstücke für die Reise. Lange Unterhosen und Wollstrümpfe sowie einen Schal. Für mehr reichte es nicht. Außer etwas Röstkastanien und einen Kartoffelpuffer als Essen. Zum Abend hin kehrte Jonatan zurück zum Hotel, wollte es betreten, doch schon beim Eingang wurde er abgehalten.
"He, was willst du hier?", fragte einer der Wachen, schubste ihn zurück. "Keine Bettler hier. Oder bist du'n Botenjunge? Hintereingang, Dummer!"
"Nein.. ich bin Kammerdiener von..." Ach, er wusste nichtmal wen er nennen sollte. "Ich will zu Zimmer 107. Ich war gestern schon hier."
"Das ist egal. Wir lassen dich trotzdem nich alleine rein. Wenn dein Kunde dich haben will, soll er uns was senden oder dich abholen", sagte der zweite Wächter.
Kunde? Jonatan verstand das nicht. Bloß eines. Die Männer würden ihn nicht reinlassen. Ängstlich zog Jona sich zurück, wollte vor dem Eingang warten, aber die Wachen verscheuchten ihn und so wartete der junge Krieger auf der anderen Straßenseite, den Mantelkragen hochgeschlagen, um wenigstens etwas Schutz gegen die Kälte zu haben. Als wäre das nicht genug begann es plötzlich zu schneien. Jonatan ging hin und her, um sich zu wärmen. Was sollte er jetzt machen? Er hatte keine Kammer mehr wo er hingehen konnte.
Es dauerte eine schiere Ewigkeit bis der Adelige eintraf. Allerdings nicht allein. In seinem Arm hatte er eine Frau. Jonas Herz sank. Also hatte der Mann doch ein Mädchen. Wieso hatte er dann Jonatan berührt? Was hatte das zu bedeuten? Jetzt konnte er erst recht nicht den Lord ansprechen und ihn bitten ihn ins Zimmer zu lassen. Mit der Frau hatte Jona absolut nicht gerechnet.
Der Adelige schien ihn auch nichtmal zu sehen, scherzte mit der Frau und ging zum Eingang des Hotels. Es war einer der Wachen, die ihn aufhielt und hinüber auf die andere Straßenseite deutete. Genau dorthin, wo Jonatan stand, im Schnee stehend, die Hände in den Manteltaschen, während der Schnee langsam um ihn herumrieselte. Hoffnungsvoll blickte er seinen Herrn an.