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Asyl





Asyl

Beitragvon Eoshan » Di 8. Nov 2022, 07:02

Gemeinsam mit ihrer Grossmutter Talyn, Rachhad und Gwenderon sass sie in den Ästen einer ausladenden Eiche an der Grenze zu ihrem Territorium und wartete mit ihnen auf die Gäste, die gleich kommen sollten. Gekleidet waren sie in schlichte grün-braune Jagdkleidung, die zwischen den Blättern kaum auszumachen war. Und wie so oft, sass Schatten auf ihren Schultern.

Seit dem Tag, als sie sich mit Vivian und Timaris getroffen hatte und die Königin von Hayll sie kurz beiseite gezogen hatte, hatte Eoshan tagtäglich in den Netzen über das Erscheinen der Gäste nachgesehen. Timaris hatte gemeint, sie bräuchte bei einer männlichen Schwarzen Witwe Hilfe, da er zerbrochen sein und sie ihm helfen wolle, damit umzugehen. Eoshan hatte zugesagt.

Doch vor ein paar Tagen war ein Brief aus Hayll eingetroffen mit der Nachricht darin, dass Sion nach Minan Darken suche und sie seinen Tod vortäuschen würde, damit man nicht mehr nach ihm suche. Allerdings hätte sie keine Schwarze Witwe, der sie vertrauen konnte und die stark genug war, die ein Netz weben könnte, um ihn vollständig zu verbergen. Deswegen war Talyn dabei. Sie hatte in den letzten Tagen schwer an einem komplizierten, schwarzgrauen Netz gearbeitet, das Minan auch aus dem Verzerrten Reich verbergen würde.

Mit Gwenderon hatten sie dann abgemacht, dass er ihre Grossmutter mit einem Schwarzen Schild schützen, Minan ebenfalls einhüllen würde, damit Talyn zu dem Prinzen treten konnte und mit einem Messer ihm etwas Blut von seiner Handfläche stehlen konnte um so das Netz zu aktivieren. Gleich darauf sollte Gwenderon wieder Talyn schützen, da sie ja nicht wissen konnten, wie Minan und Caelvar darauf reagieren würden.

Schliesslich kamen die beiden dann auch an. Eoshan und ihre Begleiter glitten elegant von den Ästen und landeten geschmeidig um den Prinzen und den Kriegerprinzen herum auf dem Boden. Blitzschnell führte Talyn und Gwenderon ihren Plan aus und Eoshan begrüsste sie.

"Prinz Varedis, Prinz Darken, schön dass ihr endlich hier seid", meinte sie mit einem freundlichen, aber auch ernsten Lächeln. "Schnell, wir sollten uns beeilen und von hier verschwinden. Im Wald sind wir sicher." Damit zog sie sich in den Wald zurück und bedeutete den Anderen, das selbe zu tun.
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von Anzeige » Di 8. Nov 2022, 07:02

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Re: Asyl

Beitragvon Darken » Di 8. Nov 2022, 13:30

Es war eine lange Reise bis hierher gewesen, von Hayll nach Askavi, um dort das Tor zwischen den Welten zu nutzen, was Minan noch zusätzlich sehr aufgewühlt hatte und dann von Askavi, Kaeleer nach Dea al Mon. Dea al Mon, davon hatte Caelvar die ganze Zeit geredet und dass sie dorthin sollten. Allerdings war nicht jeder Splitter des zerbrochenen Prinzen mit diesem Reiseziel einverstanden und oft genug hatte Darken wieder die Führung übernommen und so war die Reise ein ununterbrochenes Hin und Her, bestehend aus zwei Schritten vor und wieder einem zurück. Und Minan selbst machte noch stärkere Stimmungsschwankungen und häufigere Wechsel durch als sonst, es schien als hätte dieser Geburtstag ihn wieder Jahre zurückgeworfen, in die Zeit wo alles noch viel schwerer für ihn zu bewältigen gewesen war. Sie kamen zum Rande des Waldes und Minan setzte nur noch mühsam einen Fuß vor den anderen, er wollte nicht mehr, er wußte nicht was er hier sollte, obwohl Caelvar ihm natürlich erklärt hatte, dass alles nur ein Trick von Timaris gewesen war, damit man ihn für tot hielt, weil Sion nach ihm suchte. Und das hier wären Freunde von Timaris und hier wäre er sicher. Aber wenn alles nur ein Trick gewesen war, eine Scharade, warum war dann der Schmerz des Ausgestoßenseins so echt? Warum hatte dann alles so furchtbar weh getan?
Hätte es keine andere Möglichkeit gegeben? Warum hatte Timaris ihm nichts gesagt? Minan fand das alles schwer zu verstehen und am liebsten hätte er sich einfach eingerollt und wäre irgendwo liegengeblieben, um über all das nicht mehr nachdenken zu müssen. Mehrmals war das schon auf der Reise geschehen, doch entweder hatte Caelvar ihn dann wieder hochgezerrt oder der Andere war erwacht und hatte ihn in die entgegen gesetzte Richtung getrieben. Vielleicht verschwand er auch einfach... vielleicht war es besser wenn dann nur noch Darken übrig blieb.

Minan blickte zu den hoch aufragenden Bäumen, die eine undurchdringliche Wand zu bilden schienen. Jetzt wo er für tot erklärt worden war, sollte er da rein. Vielleicht war es so etwas wie ein Reich der Toten. Was er von Dea al Mon wußte, kannte Minan nur aus Büchern, die er gelesen hatte und auch da standen nur Legenden und Märchen drin.
"Ich will da nicht rein", sagte er plötzlich und sträubte sich dagegen noch einen Schritt weiter zu tun, als sie bei einer großen Eiche angelangt waren. Caelvar wollte ihn weiterziehen wie so oft, aber da sprangen schon Geschöpfe aus den Ästen über ihnen, dass Minan erschrocken zusammenzuckte und sich duckte. Er hob seinen Arm schützend vor sich, doch da ergriff jemand genau diesen und dann spürte er einen kurzen scharfen Schmerz in seiner Handfläche und er gab ein klägliches Geräusch von sich. Es ging alles so schnell, er hatte gar keine Gelegenheit sich zu wehren. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er zu einer hoch gewachsenen älteren Frau und dann auf seine blutende Hand. Jetzt erkannte er auch andere Personen, zwei Männer und eine jüngere Frau, die aber Ähnlichkeit mit der anderen hatte. Die Jüngere mit langem silbrigen Haar ergriff das Wort und begrüßte sie. Das waren also die Freunde von Timaris, die sie erwartet hatten. Aber warum hatten sie ihn verletzt? Er war doch schon tot...
Und da spürte er das Netz und rieb sich über die Haut wie als könnte er es abstreifen. Netze erinnerten ihn immer an Talian und auch wenn er nicht ergründen konnte, was genau für ein Netz es war, so spürte er es doch irgendwie und bildete sich ein, es würde ihm Schmerzen bereiten.
"Nein, mach es weg! Ich will das nicht. Nein!" Er hatte den starken Impuls wegzurennen wie um es dadurch abschütteln zu können. Minan war es egal ob das Freunde von Timaris waren. Sie hatte ihm weh getan und diese Leute taten es auch. So rannte er einfach los, allerdings in seiner Panik nicht vom Wald weg, sondern geradewegs hinein, weil er kurz glaubte dort einen Weg zu sehen. Er stolperte mehrmals, schürfte sich die Handfläche weiter auf und auch die Knie, rappelte sich wieder auf und befand sich dann mitten im dichten Unterholz. Die Blätter raschelten leise, hilfesuchend drehte sich Minan mehrmals im Kreis, konnte keinen Weg mehr erkennen obwohl er vorhin noch den flüchtigen Eindruck gehabt hätte, hier wäre einer. Lauschend streckte er seinen Körper durch, doch alles was er hörte war das heftige Pochen seines Herzens und das Rauschen seines Blutes. Zwei Schmetterlinge umschwirrten ihn neugierig, ließen sich auf ihm nieder, doch dieses mal hatte Minan nicht einmal die Kraft sie zu verscheuchen.
"Ich bin keine Blume...", sagte er nur matt und hatte das Gefühl jemand würde ihn beobachten. Waren die anderen ihm gefolgt? Er hatte nur solche Angst gehabt und er war lieber geflohen als herauszufinden ob die Fremden ihm noch weiter weh tun wollten.
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Re: Asyl

Beitragvon Eoshan » Di 8. Nov 2022, 18:58

Dem feingliedrigen, schwarzhaarigen Prinzen schien es gar nicht zu gefallen, was sie mit ihm taten. Verständlich. Auch ihr würde es nicht gefallen, wenn jemand einfach ihr Blut nahm. Doch sie hatten einfach keine Zeit, noch lange hier draussen herum zu stehen und ihn zu überzeugen. Und eigentlich hatte Eoshan auch damit gerechnet, dass Timaris ihn vorwarnen würde, was allerdings nicht der Fall gewesen zu sein schien.
Dass er allerdings so panisch auf das Netz reagierte, verblüffte sie nun doch etwas und sie hielt erstaunt inne, um sich nach ihm um zu sehen. Doch da rannte er auch schon an ihr vorbei in den Wald hinein. Gut, dann waren sie in Sicherheit, hier in Dea al Mon. Jetzt konnten sie in Ruhe über alles reden. Minan und Caelvar würden schon nach diesen wenigen Metern den Waldrand nicht mehr finden, wenn sie es nicht wollte.

Geschmeidig und geräuschlos folgte sie dem Prinzen. Zum Glück hatte sie vom Wald die Erlaubnis für seinen Aufenthalt bekommen. So rannte Minan auch nicht in Dornengestrüppe sondern wurde behutsam von grossblättrigen Büschen an einem hübschen Moosplätzchen mit vielen Farnen gestoppt und festgehalten. Dennoch schürfte er sich Hände und Knie auf. Schmetterlinge hiessen ihn Willkommen, was er jedoch mit einem 'ich bin doch keine Blume' matt quittierte.

Ein Gedanke und sie flatterten weiter zu ihr und schliesslich weiter zu wirklichen Blumen. "Nein, das bist du wirklich nicht Prinz Darken", antwortete Eoshan behutsam, aber eindeutig fröhlich. Sie hatte schon Kontakt mit Zerbrochenen gehabt und wusste, dass jeder auf seine ganz eigene Art und Weise im Verzerrten Reich gefangen war. Auch in Dea al Mon gab es Schwarze Witwen, die zu tief in s Verzerrte Reich geglitten waren, um eine Wahrheit zu finden.

"Ich bin Eoshan Sitara, aber das weisst du bestimmt schon. Nun, da wir hier im Wald in Sicherheit sind, können wir es gerne etwas gemütlicher nehmen und Plaudern wenn du willst", erklärte sie freundlich. "Das Netz werden wir allerdings nicht entfernen. Lady Talyn hat das gewoben, damit du vor Sion und seinen Schwarzen Witwen in Sicherheit bist. Sie werden dich nun nicht mehr erreichen können. Lady Timaris hat gemeint, dass du deswegen Albträume hättest. Sie werden nun nicht mehr in deinen Geist eindringen können. Aber keine Angst, die normalen Visionen wirst du natürlich nach wie vor haben. Talyn hat sich sehr Mühe gegeben, damit dir die nicht geraubt werden. Und um das Netz zu aktivieren brauchte sie dein Blut. Wenn wir dann in Faolchur sind, wird Lady Liasanya sich darum kümmern."
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Re: Asyl

Beitragvon Darken » Di 8. Nov 2022, 20:37

Er zuckte leicht zusammen als er bemerkte, dass die Dea al Mon sich ihm genähert hatte. Erst jetzt nahm Minan Zeit sie zu betrachten, sein Blick huschte kurz scheu über sie hinweg, während er sich immer noch bemühte, sich selbst zu beruhigen. Der junge Prinz stand nur leicht auf seinen Fußballen, sein Körper angespannt und etwas vorgeneigt wie als könne er jeden Moment wieder die Flucht ergreifen, aber genaugenommen war er tatsächlich darauf vorbereitet. Sollte die Frau ihm zu nahe kommen, würde er wieder rennen. Er legte den Kopf leicht schief und sah sie abermals an. Warum war ihm ihr Erscheinen nur so vertraut? Vielleicht hatte er sie irgendwo einmal gesehen... in einer Vision... in einem Bild...
Die Schmetterlinge flatterten wieder von ihm davon und die Dea al Mon stellte sich noch einmal vor und bot ihm an, sie könnten ja plaudern. Über was? Er wußte auch gar nicht was er sagen sollte. Aus freien Stücken war er nicht hierher gekommen, doch es war ja auch eigentlich egal wo er sich befand. Schließlich glaubte Minan nicht, dass es irgendetwas an seiner Lage ändern würde. Die Hoffnungen, die er in Hayll zögerlich entwickelt hatte, gestand er sich jetzt nicht mehr zu. Eoshan berichtete ihm was sie alles wußte und dass jenes Netz ihn vor dem Schatten und seinen Schwarzen Witwen schützen würde und sie könnten ihm nichts mehr tun. Den Namen Sion hörte er trotzdem gerade zum ersten Mal. Dann versicherte sie ihm jedoch gleich, die normalen Visionen würde er trotzdem noch haben und das klang bei ihr fast so, als wäre das etwas tolles und etwas worüber man sich freuen könnte. Minan jedoch wollte diese Visionen nicht, er konnte dann noch weniger unterschieden was Realität war und was nicht und immer sah er so schreckliche Dinge. Und warum hatte diese andere Schwarze Witwe, jene Talyn, sich extra Mühe gegeben, dass er diese Visionen behielt?

So zeigte das schmale Gesicht von Minan auch keinerlei Freude oder Erleichterung, nur Resignation. "Heißt das, ich kann auch nicht mehr ins Verzerrte Reich?", fragte er zögerlich nach. "Auf dem Weg hierher..." Er blickte durch die Bäume hindurch zu einem fernen Punkt. "Da war eine Schwarze Witwe im Reich... aber ihr Geist ist zersprungen..." Seine Worte waren vermutlich etwas wirr, da er nicht jeden seiner Gedanken aussprach.
"Timaris hat dir viel erzählt?", es war mehr eine Feststellung denn eine Frage. "Mir nicht. Ich wußte nicht, dass ich hierher kommen sollte. Ich wollte das nicht. Ich weiß auch gar nicht wer dieser Sion ist oder was er will." Er unterdrückte ein Seufzen und machte einen geschmeidigen Schritt zurück. Minan fühlte sich müde und ausgelaugt, er hatte kaum geschlafen, doch er bezweifelte, dass dieses Netz ihn wirklich vor Albträumen bewahren würde. Die hatte er nicht nur wegen dem dunklen Schatten gehabt, auch wenn ihn oft diese stechenden bohrenden Augen bis in seine Träume hinein verfolgt hatten. Diese schrecklichen Tore...
Er erzitterte leicht und sah wieder zu der Dea al Mon, sie hatte wirklich spitze Ohren. Sie trug Kleidung in erdfarbenen Tönen, nur ihre silbrigen glatten Haare stachen hervor. "Ich glaube, ich habe dich schon einmal gesehen....", sagte er mehr zu sich selbst. Immer noch spürte er das Netz oder vielleicht bildete er es sich auch nur ein, wie kalte klebrige Spinnfäden auf seiner Haut und dazu Talians feuchtsüße Stimme im Hintergrund.
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Re: Asyl

Beitragvon Gwenderon » Di 8. Nov 2022, 20:46

Der Junge war ihm von Anfang an etwas kurios erschienen. Er wusste nicht viel von ihm, nur das was Eoshan ihm erzählt hatte. Ein gebrochener Eyrier ohne Flügel - dies allein an sich war schon selstsam doch kam es immerwieder vor. Soweit er wusste war das grausame entfernen der Flügel eine beliebte Foltermethode der eyrischen Folterknechte, somal das Opfer wie üblich bei Foltern bei vollem bewusst sein war oder gehalten wurde.
Doch selstamerweise handelte es sich bei dem jungen Prinzen um einen schwarzen Witwer - er konnte sich nicht erinnern jemals eine männlichen schwarzen Witwe gesehen zu haben. Gekrönt wurde das ganze durch die Tatsache, dass Sion nach ihm suchte und er nun in das Reich der Dea al Mon Schutz floh. Letzters war es auch, was ihn für Gwenderon interessant machte. Eoshan hatte es ihm den Grund dafür nicht genannt, doch hatte er auch nicht nachgefragt, zum einen weil er grundsätzlich nicht viele Fragen stellte, zum anderen weil er das Gefühl gehabt hatte diesen ohnehin bald zu erfahren.

Weiters hattte der Hüter, die Sorge Eoshans um das Wohlergehen ihrer Großmutter und das des Prinzen als etwas zu übertrieben empfunden. Es stimmte, dass die ehemalige Köngin schon alt und gebrechlich wirkte doch war sie immer noch mit der Kraft ihrer Juwelen verbunden. Er verstand nicht ganz wieso Eoshan unbedingt wollte das er einen schwarzen Schild um die beiden legte.
Was sollte ein solch junger Prinz welche jegliche Begabung der Kunst verloren hatte, einer schwarzgrauen, erfahrenen Schwarzen Witwe schon antun?
Vielleicht wusste Eoshan selbst nicht einmal warum sie dies veranlasst hatte, möglicherweise war der Prinz ganz einfach unberechenbar und verstört. Möglicherweise lag aber auch in dieser scheinbaren Machlosigkeit das Geheimnis seiner wirklichen Macht.

Als es dann soweit war und sie aus der Krone des Baumes sprangen und er den Eyrier zum ersten mal erblickte wurde ihm dieser völlig zu einem Rätsel und einige Fragen huschten ihm durch den Kopf.

Ein schwarzer Witwer ohne linken Arm! - Galt man ohne Schlagzahn überhaupt als ´vollwertige` Schwarze Witwe?, noch während er diese Frage in seinen Gedanken formulierte, ekelte Gwenderon sich vor sich selbst und verdrängte den Gedanken schnell wieder. Ein Krieger war schließlich auch ohne seine Waffe immer noch ein Krieger.
Das Gesicht des Jungen war beinahe schon feminin und hätte der Hauptmann es nicht besser gewusst hätte er den Prinzen auf den ersten Blick, schon allein aufgrund seines Namens, für eine Frau gehalten.

*Endeten die Namen männlicher Eyrier nicht immer mit ´-ar` und nicht mit ´-an´?*, sandte er, mehr rethorisch als interessiert fragend, an Rachhad.

Zudem erschienen ihm Eoshan Vorkehrungen als völlig irrelevant, er hatte alles mögliche erwartet - eine Erschütterung der Erde, eine heftige Energieausschüttung, Eis oder Flammen, stattdessen fand er nichts vor als einen schreienden, umhertaumelnden, verängstigten Jungen.
Kurz gesagt ein zerbrochenes Wesen...allmählich begann der Junge ihm Leid zu tun, er kannte sein Schicksal nicht, doch konnte er, an den körperlichen und seelischen Narbe des Prinzen, die ungefähren Konturen dessen erahnen was ihm wiederfahren sein mochte.

Als die Königin Anstalten machte dem Jungen zu folgen hielt er sich eher im Hintergrund und hoffte das rachhad es ihm gleich tun würde, vermutlich würden sie dem Jungen nur noch mehr Angst einjagen.
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Re: Asyl

Beitragvon Eoshan » Di 8. Nov 2022, 20:49

Sie bemerkte, dass er wirkte, als wäre er auf der Flucht. Das war er ja eigentlich auch, doch hier hatte er nichts zu befürchten. Doch das schien er nicht zu wissen und war jederzeit bereit zu fliehen, machte ihm etwas noch mehr Angst und der Junge wirkte sehr verängstigt. Als sei er ein von einem Raubtier in die Ecke gedrängte beute. Kurz fragte sie sich, weshalb sie ihn als Junge bezeichnete, denn er schien nicht viel jünger als sie zu sein. Das lag wohl daran, dass er für einen Eyrier sehr zierlich war, selbst für einen Mischling. So machte Eoshan bereit, ihm zu folgen, sollte er wegrennen. Der Wald hatte ihn zwar willkommen geheissen, doch das bedeutete noch lange nicht, dass er gefahrenlos war.

"Doch, du kannst nach wie vor ins Verzerrte Reich, nur können dich die Verbündeten von Sion nicht mehr darin finden und bedrängen. Einer Schwarzen Witwe den Zugang zum Verzerrten Reich zu verwehren wäre grausam. So als würde man sie verstümmeln", erklärte sie heftig. Natürlich sah sie, dass Minan dieses Schicksal schon ereilt hatte, doch das hiess nicht, dass sie vorhatte, das noch weiter zu tun und das sollte er wissen.

"Ja, wenn eine Schwarze Witwe zu weit ins Verzerrte Reich eintaucht zerbricht auch sie", antwortete sie etwas unsicher. Sie wusste nicht genau, was er ihr damit sagen wollte, doch es schien ihn zu beschäftigen.

"Lady Tolarim hat mir auch nicht viel erzählt", verneinte sie. "Doch sie hat mir eine Nachricht zukommen lassen und den Rest habe ich in den Netzen erfahren. Wer oder was Sion eigentlich ist und was er will, weiss ich auch nicht so genau. Doch aus irgend einem Grund scheint er an dir interessiert zu sein." Dabei habe ich gedacht, dass er nur an Königinnen interessiert ist.

Sie wollte Minan gerade vorschlagen, weiter nach Faolchur zu gehen und machte eine entsprechende Geste, als er etwas sagte, dass sie aufhorchen liess. Sie erstarrte und sah ihn scharf an. Nun schien sie tatsächlich das Raubtier zu sein und er die in die Ecke gedrängte Beute, obwohl ihr das gar nicht bewusst war, wie sie nun auf ihn wirken musste.
"Du hast mich schon einmal gesehen?" hakte sie lauernd nach. "Wann? Wo und wie?" Sie konnte es sich nicht anders vorstellen, als durch eine Vision. Doch auch um sie war ein Schutzzauber gewebt, auch wenn der nicht so stark war wie Minans Todeszauber. Aber dazu kam ja noch der Schutz des Waldes. Andererseits konnte eine zerbrochene Schwarze Witwe tiefer in das Verzerrte Reich vordringen als andere, nur konnten sie mit diesen Informationen meist nicht all zu viel anfangen. Dennoch musste sie wissen, was Minan von ihr wusste.
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Re: Asyl

Beitragvon Darken » Di 8. Nov 2022, 20:51

Eoshan klärte ihn darüber auf, dass er weiterhin ins Verzerrte Reich könne, jedoch ohne dass ihn andere Schwarze Witwen dort würden bedrängen können. Gleichzeitig erklärte sie, es wäre grausam einer Schwarzen Witwe den Zutritt ins Verzerrte Reich zu verweigern. Minan nickte langsam, für ihn war es Fluch und Segen zugleich, jedoch meistens nur Fluch. Er konnte nicht steuern wann er dorthin abdriftete und noch viel weniger wie er manchmal wieder zurückkam. Trotzdem... es war eine Zuflucht, wenn die Dinge ihm über den Kopf zu wachsen drohten oder ihm etwas Angst machte. Minan sollte vermutlich dankbar sein, dass ihm das nicht genommen worden war und dass dieses Netz ihn schützen sollte. Aber so viele Netze waren unsichtbare Gefängnisse... und auch jetzt und hier fühlte er sich unwohl damit. Er war hin- und hergerissen, zu fliehen, fort von hier oder doch zu bleiben und mehr zu erfahren. Vielleicht würde er sich, wenn er erst einmal mehr wußte, nicht mehr nur wie ein Ding, ein Spielzeug fühlen, was von Königin zu Königin geworfen wurde.

Bei den Worten über die zerbrochene Schwarze Witwe, füllten sich Minans dunkle Augen mit entrücktem Kummer. "Ja, zu weit, zu tief... sie hätte mir nicht folgen dürfen, aber sie wollte..." Seine Stimme verklang leise. Der Tänzer hatte ihn gerettet, aber Minan war deswegen längst nicht bereit sich mit diesem Teil in sich anzufreunden. Die Dea al Mon gab zu, sie wüßte auch nicht viel und Timaris hätte ihr nicht alles erzählt, doch sie wußte immer noch mehr als er selbst. Jeder schien mehr über die Dinge zu wissen, die ihn betrafen, als er.
Bei den Worten, dass Eoshan nicht wußte warum Sion an ihm interessiert war, hob Minan in einer hilflosen Geste die Schultern. Er wußte es genausowenig, er wollte am liebsten, dass ihn endlich alle in Ruhe ließen. Sein Blick irrte umher, man hätte meinen können, er wäre allein hier mit der Königin, doch da mußten noch Caelvar sein und diese zwei fremden Männer.

Als sie ihn so plötzlich und fast lauernd ausfragte wegen seinem Kommentar, er kenne sie, zuckte Minan leicht zurück, machte einen tänzelnden Schritt nach hinten.
"Ich... ich weiß nicht... es war nur ein Gefühl... vielleicht in einem Bild. Ich male nämlich.. habe gemalt", versuchte er sich zu erklären. "Ich erinnere mich nicht mehr genau..." Der zerbrochene Prinz versuchte sich zu konzentieren, doch es war wie eine Erkenntnis, die sich einem jedes Mal entwand kurz bevor man sie fassen konnte. "Ich sah jemanden mit solchem Haar... und silbriger Haut. Und viel Schmerz, beißender, langer Schmerz, der sich ausbreitet..." Minan schüttelte leicht den Kopf wie um ein Schwindelgefühl zu vertreiben. "Nein, ich weiß es nicht mehr", gab er schließlich auf. "Manchmal sehe ich Dinge, die ich nicht sehen will, aber vieles vergesse ich wieder oder habe ich vielleicht nicht wirklich gesehen..." Vermutlich klang er verrückt, aber Minan konnte es nicht besser beschreiben. Noch dazu kam, dass er seine Erinnerung mit vielen Splittern teilte und nicht alle hatten den gleichen Wissensstand...
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Re: Asyl

Beitragvon Eoshan » Di 8. Nov 2022, 20:55

Mit dieser Schwarzen Witwe, von der er miterlebt hatte, wie sie zerbrochen war, schien es wirklich etwas wichtiges auf sich zu haben. Immerhin erwähnte er sie noch einmal und nicht Sion. Zudem stahl sich Kummer in seine dunklen Augen. Ob er sich die Schuld daran gab? Vielleicht war er ja sogar Schuld daran.

Als sie ihn so direkt danach ausfragte, woher er sie kannte, zuckte der Prinz zusammen und tänzelte einen Schrit nach hinten. Er war ja wirklich sehr schreckhaft. Es wirkte schon beinahe unnatürlich. Seine Antwort dazu war dann auch reichlich wirr. Dennoch hatte sie das Gefühl zu verstehen, was er meinte.

"Das ist wie bei einem Netz", nickte sie sacht. "Man webt es und etwas zupft an einem der äussersten Querstränge. Eine wichtige Information die nur sehr schwer zu fassen ist und man kann nur hoffen, dass man sie nicht zu spät erfährt." Mit einem schiefen Grinsen sah sie Minan an. "Denn auf Schmerz habe ich nun wirklich keine Lust. Egal ob kurz oder lang und beissend und erst recht nicht, wenn er sich ausbreitet."

Doch weiter drängte sie Minan nicht, denn sie bemerkte, dass er erst wieder etwas zur Ruhe kommen musste, bevor er sich wieder daran erinnern konnte. es war wirklich an der Zeit, dass sie nach Faolchur kamen.
"Wenn du willst kannst du auch hier malen", bot sie ihm wieder freundlich plaudernd an. "Aber erst sollten wir nach Faolchur gehen. Da kannst du dich etwas ausruhen. Willst du zu Fuss gehen, da wären wir etwa vier Tage unterwegs, oder willst du mit den Winden reisen? Miteinander reden könnten wir dann allerdings erst, wenn wir wieder am Ziel sind. Du hast bestimmt eine Menge Fragen. Ich habe festgestellt, dass das alle haben, die zum ersten Mal nach Dea al Mon kommen. Allerdings werde ich dir wohl nicht alles beantworten können."
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Re: Asyl

Beitragvon Darken » Di 8. Nov 2022, 20:57

Die Königin versuchte ihm zu erklären, dass Visionen etwas mit den Netzen zu tun hatten und vergleichbar waren, aber Minan selbst hatte nie Netze weben dürfen oder können. Außer eines und das hatte der Andere bei Timaris angewandt. Dass die Dea al Mon keine Schmerzen bekommen wollte, konnte Minan verstehen. Weniger aber verstand er, dass die Frau ihn nicht bestrafte oder anfuhr, dafür dass er so etwas sagte oder überhaupt sprach ohne dass sie ihn dazu aufgefordert hatte. Sie schien ihm so anders als Timaris, aber auch die war freundlich gewesen... bis...
Er nagte leicht an seiner Unterlippe. Es machte ihn unsicher, dass er nicht wußte woran er war und seitdem Timaris an seinem Geburtstag so grausam mit ihm gespielt hatte, schien sein altes Mißtrauen wieder zu vollem Maße erwacht zu sein. Da war wieder eine Sperre in ihm, die verhinderte, dass er die womöglich guten Absichten von Eoshan erkannte. Bis jetzt war die fremde Königin aber weiter freundlich geblieben und das verwirrte den zerbrochenen Prinzen. Erst als sie ihm vorschlug, er könnte auch hier malen, fragte er sich, ob er vielleicht auch deswegen hier war. Damit er Bilder für andere malte. Tarek hatte das auch gewollt und einige Bilder von ihm waren in Hayll verschwunden...
Er malte zwar gerne, doch er hatte auch große Angst vor dem was er malte, so sah er dem ganzen äußerst zwiegespalten entgegen.

Ebenso als Eoshan ihm die Wahl ließ, ob er lieber nach Faolchur gehen oder auf den Winden reisen wollte. Warum ließ sie ihn entscheiden? Vielleicht mußte er Dinge für sie tun, wenn sie erstmal bei ihrem Schloß waren. Nein, die Winde waren nicht gut. Schwach schüttelte er den Kopf.
"Ich würde lieber zu Fuß gehen...", gab er leise zu, sich fragend wie oft dies dem Reisen auf den Winden vorgezogen wurde. Aber Minan wollte auch lieber den Wald selbst sehen und erkunden, doch schon während er sich umsah, fand er es sehr zweifelhaft, dass er je den Rückweg finden würde, wenn sie erst einmal in Faolchur waren. Ein Gefängnis ohne Mauern...
"Darf.. darf ich fragen was jetzt mit mir passiert? Werde ich jetzt hier leben bei euch? Was muss ich für euch tun?", fragte er nach. Früher hätte er sich nicht einmal diese Fragen getraut, doch auch jetzt noch steckte in ihm ein starker Wille zum Überleben. Kurz nachdem Caelvar ihn aus Hayll fortgebracht hatte, hatte Minan überhaupt nichts tun wollen und ihm war alles egal gewesen, doch mittlerweile hatte er sich wenigstens etwas gefangen. Andere wollten sein Leben vielleicht wegwerfen, aber er wollte daran festhalten. Womöglich gab es doch irgendwie einen Weg hier raus...
Und dann zahlen wir es Timaris heim..., dachte eine gehässige Stimme in ihm, die Minan selbst erschreckte. Nein, Timaris hatte ihn vor Sion beschützen wollen...
Aber sie hätte nicht mit uns spielen müssen... sie wollte uns nicht beschützen, sie wollte nur sich selbst beschützen. Gegen die Gedanken des Anderen schüttelte Minan schwach den Kopf. Es war besser zu glauben, Timaris hätte einen gewichtigen Grund gehabt, ihn mit diesem Geburtstagsfest zu demütigen und dass nicht alles nur sinnlose Quälerei gewesen war.
Jetzt suchte wenigstens niemand mehr nach ihm... niemand... Minan dachte an seinen Vater. Hielt der ihn auch für tot? Würde er ihn nie mehr wiedersehen und jetzt immer hier leben müssen? Er kämpfte mit aufsteigenden Tränen, doch unterdrückte sie noch tapfer. Seine Hand ballte sich zur Faust, entspannte sich gleich darauf wieder.

Der Blick des jungen Prinzes glitt über die Bäume, die sie begrenzten und gleichzeitig immer noch einen Weg bot, zwischen ihnen hindurch zu schlüpfen. Aber dahinter wartete wieder eine neue Reihe Bäume und immersofort... der Wald mußte riesig sein. Er legte seine Hand sacht gegen die Rinde des nächsten Baumes und schloss die Augen, um sich wieder zu beruhigen. Er würde den Weg nicht hier rausfinden, wenn er die Augen offen hielt. Er durfte nicht sehen, er mußte fühlen... wenn er sich an die Aura jedes Baumes erinnerte an der sie vorbeikamen... konnte er dann entkommen? Wollte er überhaupt?
Denn während er sich auf den Baum einfühlte, spürte Minan ein neues ihm fast unbekanntes Gefühl: Akzeptanz.
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Re: Asyl

Beitragvon Eoshan » Di 8. Nov 2022, 20:58

"Gut", meinte sie fröhlich. "Dann gehen wir zu Fuss." Sie wollte auch schon losgehen und der Wald öffnete sich für sie, doch Minan fuhr fort und sie hielt inne, um ihm zu zu hören.
Seine Fragen überraschten sie sehr. In Hayll schienen wirklich noch seltsamere Sitten zu herrschen als sonst wo. Bevor sie jedoch antworten konnte sah sie wie er gegen die Tränen ankämpfte. Das konnte sie schon eher verstehen. Schliesslich war es nicht einfach, all seine Freunde zurück lassen zu müssen und an einen fremden Ort zu gehen.

Was sie jedoch wirklich verblüffte, war wie er an den Baum heran trat, ihn sacht berührte und seine Aura erfühlte. Das hatte sie bis jetzt noch von keinem erlebt, der nicht aus Dea al Mon stammte. Ob der junge Mann spüren konnte, wie er hier willkommen geheissen wurde?

Langsam trat sie auf ihn zu, ohne jedoch ihn zu berühren. "Natürlich darfst du mich Dinge fragen", antwortete sie leise. "Ja, du wirst jetzt hier bei uns leben. Zumindest so lange, wie du in Gefahr bist. Anschliessend kannst du gehen wohin du willst. Allerdings verstehe ich deine anderen Fragen nicht. Du musst doch nichts für mich tun. Und wie meinst du das, was jetzt mit dir passiert?"

Sie trat noch ein wenig näher heran und erschuff um sie herum einen roten Schild. *Kleiner Bruder?* fragte sie zaghaft und liebevoll. *Willst du dich erst etwas ausweinen? Es wird niemand mitbekommen.*
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Re: Asyl

Beitragvon Darken » Di 8. Nov 2022, 21:00

Minan blieb bei dem Baum stehen wie als könnte dieser ihm Schutz gewähren als die Königin langsam auf ihn zu kam. Doch noch kurz bevor ihre Nähe ein für ihn kritisches Maß erreicht hatte, hielt sie inne und blickte ihn an. Die dunklen Mandelaugen des jungen Prinzen musterten sie mit einer Mischung aus Scheu und Neugier. Noch während Eoshan sprach und ihm sagte, er könnte Fragen stellen und er würde solange hier bleiben bis er außer Gefahr, strich der Wind etwas heftiger durch die oberen Baumkronen und einige Blätter segelten in anmutiger Eleganz herab. Minan folgte mit dem Blicken einem dieser Blätter und nun wirkten seine Augen eher wie die eines Kindes, fasziniert von der vielen Natur um ihn herum.
Eoshan sagte, er müsse nichts für sie tun und schien auch seine Fragen nicht zu verstehen. Der zerbrochene Prinz sah sie verwirrt an. "Aber so war es bisher immer... ich komme zu jemanden und dann tue ich Dinge für meine neue Herrin. Oder Herrn", versuchte er zu erklären. "Bin ich denn wirklich nur hier, weil ich in Gefahr bin? Ich war doch immer in Gefahr..." Minan verstand es nicht. Woher auch? Es hatte sich nie jemand um sein Wohlergehen gekümmert oder sich Sorgen darum gemacht, dass ihm jemand etwas antun könnte. Dafür war er doch da... damit man ihm etwas antat. Bisher war das immer seine Funktion gewesen. Nur Timaris und sein Vater hatten etwas darin geändert, nur war Minan jetzt nicht sicher, ob das hier auch galt und ob ihm Timaris das Privileg, dass ihn niemand mehr benutzte, wieder entzogen hatte, nachdem sie ihn verstoßen hatte.

Timaris... er dachte wieder an die Königin, versuchte den Worten von Caelvar und Eoshan Glauben zu schenken und dass die Hayllierin das nur getan hatte, um Minan zu retten, aber warum hatte sie dann nichts gesagt? Warum hatte sie es ihm nicht erklärt? Es war schwer, diesen Vertrauensbruch überhaupt zu verkraften. Besonders da er seit Jahren wieder einmal begonnen hatte zaghaft einem anderen Menschen zu vertrauen und diese zerbrechliche Bande gleich wieder empfindlich gestört worden war. Vielleicht irreparabel.
Minan schluckte schwer und blinzelte. Er wollte nicht weinen, aber genau in dem Moment hörte er die Gedanken von der Dea al Mon und wie sie ihn 'Kleiner Bruder' nannte. Sie war noch einen Schritt näher gekommen und bot ihm an, sich auszuweinen und es würde niemand sonst mitbekommen. Der junge Prinz blickte sie mit großen Augen an. Kleiner Bruder... warum sagte sie das?
Natürlich, sie war eine Schwarze Witwe und er ja auch... er atmete rascher, besonders weil sie nun so nah stand und als er es nicht mehr aushielt, machte er einen Schritt zurück, schüttelte den Kopf, obwohl er eigentlich gerne den Tränen freien Lauf gelassen hätte. Früher hatte er alleine geweint, sich an irgendein Möbelstück geklammert und dort halt gesucht. Bis Timaris es einmal mitbekommen und ihm angeboten hatte, sich bei ihr auszuweinen. Minan hatte angenommen und es war schön und befreiend gewesen, dass ihm jemand Trost spendete und er nicht alleine gewesen war. Doch das war in Hayll gewesen und schien einem anderen Leben anzugehören, was jetzt ewig weit weg war.
Und hier in diesem fremden Wald bei dem ihm so fremden Volk war er längst nicht so weit. Er presste die Lippen zusammen, machte einen Schritt zur Seite und war so wieder etwas von der Dea al Mon entfernt. Entschuldigend blickte er sie an.
"Es geht nicht...", sagte er leise. Minan schwieg kurz. "Bitte... lasst uns einfach nur losgehen", fügte er noch hinzu und es klang entmutigt und kraftlos. "Ich werde euch keine Schwierigkeiten machen." Er hob seinen Handrücken leicht und ein Blatt segelte prompt dort herauf, sacht rollte er es über seinen gekrümmten Handrücken wieder ab und sah zu wie das Blatt weiter dem Boden entgegen trudelte. Ja, so fühlte er sich auch. Wie ein Blatt, losgerissen vom Baum und vom Wind ohne jegliche Kontrolle hin und her geworfen. Timaris schien zu wollen, dass er hier blieb und Eoshan wollte das auch und wo sollte er sonst schon hin?
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Re: Asyl

Beitragvon Eoshan » Di 8. Nov 2022, 21:03

Er sah sie mit grossen Augen an, als sie ihm anbot, sie aus zu weinen. Er schien auch kurz davor zu sein. Aber anscheinent fühlte er sich hier nicht sicher genug und unwohl und trat stattdessen einen Schritt zurück. Entschuldigte sich sogar mit einem Blick bei ihr, dass es nicht ging.

"Zur richtigen Zeit wird es gehen", antwortete sie sanft, liess den Schild fallen und ging los, achtete dabei darauf, dass Minan ihr folgte. "Dann lass uns gehen. Und ja, ich weiss, dass du uns keine Schwierigkeiten machen wirst", fügte sie mit der Selbstsicherheit einer Dea al Mon hinzu. Er stammte nicht aus ihrem Volk. Selbst wenn sie ihn nach Faolchur tragen müssten, könnte er ihnen nicht wirklich zu einer Schwierigkeit werden.

Sie folgten nicht wirklich einem Pfad, als sie gemütlich durch den Wald spazierten. Aber da sie willkommen waren, lag nie eine Wurzel in ihrem Weg, kein Ast hing ihnen ins Gesicht, kein Gestrüp zerrte an ihnen. Später, wenn sich die beiden Eyrier etwas an den Wald gewöhnt hatten, würden sie das Tempo anziehen, damit sie wirklich auch innerhalb von vier Tagen Faolchur erreichten.

Währenddessen dachte sie über Minans Worte nach und versuchte sie zu verstehen. "Ja, du bist hier, weil wir verschwiegene Schwarze Witwen haben, die dich vor Sions Schwarzen Witwen schützen können und Lady Tolarim nicht wollte, dass du ihnen in die Hände fällst", meinte sie, nachdem sie etwas schweigend nebeneinander her gegangen waren. "Aber was meinst du damit, dass du immer in Gefahr warst?"
Nach kurzem Überlegen fragte sie schon beinahe schüchtern weiter: "Du kamst zu jemanden und musstest Dinge für deinen neuen Herr, deine neue Herrin tun. Heisst das, du wurdest als Sklave behandelt?" Sie schnaubte abfällig. "Also für mich musst du ganz bestimmt keine Dinge tun! Du bist hier als Gast! Ausserdem dachte ich, du hast dir schon deine Königin erwählt, der du dienen möchtest."
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Re: Asyl

Beitragvon Darken » Di 8. Nov 2022, 21:08

Die Königin schien nicht verärgert, dass er ihr nicht genug vertraute, um sich bei ihr auszuweinen. So sagte sie nur laut, dass sie nun aufbrechen würden und der Trupp aus den vier Dea al Mon, Caelvar und ihm selbst setzte sich in Bewegung. Der junge Prinz war noch nie so mitten drin in einem Wald gewesen, weswegen er sich äußerst neugierig und gespannt umblickte, dann und wann auch schreckhaft zusammenzuckte oder einen raschen Ausweichschritt machte, wenn er ein unbekanntes Geräusch hörte oder eine Bewegung aus den Augenwinkeln sah, die er nicht einschätzen konnte. All die Jahre hatte man ihn meist in Verschlägen gehalten, ihn nie oft nach draußen gelassen und selbst wenn, dann hatte man ihm gewiss keine Zeit gelassen, die Umgebung zu betrachten. Erst in Hayll hatte er ausgiebig durch den Garten spazieren können, doch das war natürlich nichts im Vergleich zu dem riesigen Wald hier in den sie immer tiefer vordrangen. Verstohlen blickte Minan zu Caelvar, der bisher wenig gesagt hatte, aber sie hatten auf der Reise hierher auch einiges durchgemacht und ihre zarte Freundschaft war dadurch empfindlich angeknackst worden, nicht zuletzt auch durch den Anderen. Sein Blick ging wieder zu den Dea al Mon, die sich mit natürlicher Anmut durch den Wald bewegten. Minan konnte sich nicht vorstellen wie es war hier zu leben, doch es war schön und seine Angst nahm allmählich ab. Fasziniert sah er zu wie die Sonne durch das Blätterdach schien und dadurch einen grünen Farbton erhielt, der alles noch magischer und unwirklicher erscheinen ließ. Ein Kribbeln überzog seine Haut.
Zwar bewegte er sich selbst nicht so schnell wie die Dea al Mon, da er die fremde Umgebung nicht gewohnt war, doch seine Schritte waren sacht und seine Bewegungen grazil. Man sah ihm an, dass er seinen Körper gut beherrschte und unter Kontrolle hatte.

Die Königin ging wieder neben ihm her und versuchte ihm noch einmal zu erklären, weswegen er hier war und dass es nur daran lag, dass die Schwarzen Witwen von Sion ihn suchten. Dann fragte sie ihn, was er meinte, dass er ständig in Gefahr gewesen war. In ihrem Tonfall hörte Minan nichts Lauerndes oder Verschlagenes heraus, sie klang so anders als Timaris oder die anderen Frauen, die Minan im Laufe seines Lebens kennengelernt hatte. Er wußte nicht wie er Eoshan einschätzen sollte. Sie zog nun ihre eigenen Schlussfolgerungen aus seinen vorherigen Worten und fragte nach, ob er als Sklave behandelt worden war.
Minan blickte bei der Frage wieder nach vorne, nickte nur schwach, brachte aber kein Wort heraus. Erst als sie voller Überzeugung sagte, er müsse nichts für sie tun, gab er ihr einen halb zweifelnden halb erstaunten Seitenblick. Meinte sie das ernst? Er mußte vorsichtig bleiben. Und ihre letzten Worte verstand er auch nicht.
"Nein.. ich habe niemanden erwählt", antwortete er. Bisher war es eher so gewesen, dass man ihn erwählt hatte, fügte er in Gedanken hinzu, sagte es aber nicht laut. "Ich habe auch nichts was ich einer Königin bieten könnte. Außer meinem Körper, aber das habe ich nie gewollt." Der zerbrochene Prinz zog es vor, lieber wieder zu schweigen. Mit seinen Worten hatte er angedeutet, dass er nicht irgendein Sklave gewesen war, sondern Lustsklave, doch mehr war er nicht bereit zu sagen. Auch weil es schmerzhaft war daran zu denken. Während sie weitergingen, streifte seine Hand ab und zu einen der Bäume an denen sie vorbeikamen in der Hoffnung, er würde sich diese Stelle vielleicht merken und den Weg zurückfinden. Zaghaft blickte er zu den anderen Dea al Mon, die sich im Hintergrund hielten. Er hatte fast das Gefühl, er könnte das Wispern ihrer Speerfaden hören, die wie Pfeilspitzen durch den Wald hin und her huschten.
Plötzlich raschelte es weiter vorne im Gebüsch und zwei Rehe waren zu erkennen, die gemächlich über den Wildwechsel gingen und kurz die schlanken Köpfe hoben, um zu den Menschen zu blicken. Minan spannte sich instinktiv an. Er versuchte, sich zu erinnern, ob er solche Tiere schon einmal gesehen hatte. Vielleicht als Talian im Wald gejagt hatte... nur, dass die Rehe nicht die Beute gewesen waren.
"Gibt es hier eigentlich Wölfe?", fragte er leise furchtsam.
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Re: Asyl

Beitragvon Rachhad » Di 8. Nov 2022, 21:13

Er bewunderte still die Gespräche seiner Königin mit diesem ängstlichen Wesen. Was war mit dieser Schwarzen Witwe geschehen, dass sie hier -in Dea al Mon- verborgen werden sollte. Unfassbar!

Mit sanften, unhörbaren Schritten marschierte die Gruppe durch den Wald. Er genoss das Streifen der Blätter und Sträucher über sein Körper. Es war wie eine langersehnte Liebkosung. Ein wohliger Schauer strich über den Rücken. Sein Gespür teilte ihm mit, dass es Gwenderon ähnlich erging. Mit federnden Schritten lief Rachhad hinter Eoshan, welche neben diesem Minan ging und hinter dem Flügelmenschen. Gedanken an den höchnäsigen Prinz Aslavar ging ihm durch den Kopf.

*Endeten die Namen männlicher Eyrier nicht immer mit ´-ar` und nicht mit ´-an´?*
Eine seltsame Frage. *Gwenderon, darauf weiss ich keine Antwort. Vielleicht ist dieser Eyrier so eingebildet, dass er aus der Rolle fallen wollte. Anders kann ich es mir nicht erklären. Aber, hat dir Lady Talyn verraten, was WIR genau hier machen?*
Mit diesen Gedanken, schaute Rachhad über seine rechte Schulter nach hinten zu Gwenderon. Leise vernahm er im Gespräch, die Frage dieser Schwarzen Witwe.

"Ja, es leben hier in Dea al Mon Wölfe. Sehr schöne, anmutige Wesen. Und grösser als irgendwo anders, Prinz Darken. Und nicht nur sie geniessen die Kraft und Reinheit von unserer Welt." erwiderte Rachhad, bevor Eoshan zu Wort kam.
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Re: Asyl

Beitragvon Eoshan » Di 8. Nov 2022, 21:14

Sie wusste seine Blicke einfach nicht zu deuten. Erst sah er nur stur gerade aus und dann blickte er sie wieder überrascht an. Was war denn so seltsam an dem was sie sagte? Wieder einmal wurde es ihr überdeutlich bewusst, wie anders in anderen Territorien gelebt wurde, wie widernatürlich zum Teil. Das bestätigte schon nur, dass jemand diesen jungen Mann als Sklave gehalten hatte.

Zu ihrer ersten Frage nickte er nur knapp, fast so, als würde er sich dafür schämen. Und dann sagte er noch so etwas merkwürdiges. Dass er Timaris nicht diente, war zwar etwas überraschend, doch nicht ungewöhnlich. Aber dass er einer Königin nichts anderes zu bieten hatte als seinen Körper, sie verstand nicht, was er damit meinte. Das fragte sie ihn dann auch gleich.

Unwillkürlich betrachtete sie seine Gestalt. Er war sehr schlank und feingliedrig. Auch wenn er immer wieder schreckhaft zusammen zuckte, so waren seine Bewegungen geschmeidig und beherrscht. Er schien seinen Körper gut beherrschen zu können und langsam schien er auch ruhiger zu werden. Dabei fiel ihr auf, dass immer wieder einen Baum berührte und auf seine Aura zu lauschen schien. Sie fand es schön, dass er sich so vertraut mit ihrer Heimat machen wollte und sich dafür interessierte.

Da kreuzten Rehe ihren Weg. Erneut spannte sich Minan an und wirkte, als würde er gleich davon rennen. Auf einmal kam er auf Wölfe. Verblüfft sah sie ihn an. "Natürlich leben hier Wölfe", bestätigte sie ihren ersten Begleiter. "Es leben hier viele Rudel, aber zur Zeit werden sie sich wohl gerade erholen und dösen. Bei Abenddämmerung werden sie dann aktiv. Da könnte es gut sein, dass wir auf welche stossen. Aber wir sind viele, also werden sie uns nicht angreifen."
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Re: Asyl

Beitragvon Darken » Di 8. Nov 2022, 21:16

Zum ersten Mal sagte der Mann mit dem silbrigen Haar etwas. Minan konnte dessen Alter nicht so recht einschätzen, aber etwas an ihm kam dem jungen Prinzen seltsam vor. Doch er hatte keine Gelegenheit über den Dea al Mon nachzugrübeln, denn dessen Worte erschreckten und verstörten ihn viel zu sehr. Er blickte sich sofort mehrmals um und sog die Luft tief in die Nase wie als könnte er gleich den Geruch der Raubtiere in der Nähe wahrnehmen. Minan verstand auch nicht wie jemand diese Tiere als schön und anmutig bezeichnen könnte, doch die Bedeutung der nächsten Beschreibung, sie wären größer als normale Wölfe, jagten ihm eine Heidenangst ein und seine Wangen wurden gleich ein wenig blasser. Seine Augen waren von einem unnatürlich fiebrigen Glanz erfüllt, das Glitzern von Angst und aufkeimender Panik. Eoshans Worte machten es da nicht besser und dass sie ihm erklärte, es gäbe viele Rudel hier und spätestens bei der Dämmerung würden sie aktiv werden. Da half es auch nicht, dass sie ihm versicherte, die Tiere würden nicht eingreifen. Minans Angst war nicht rational wegzuerklären, sie lag tief und fest und ließ ihn jetzt kaum noch atmen.

Er sah sich wieder um. Hier waren keine Wölfe, aber allein der Gedanke, sie könnten gleich in der Nähe sein, auf der Lauer liegen, machte ihm unglaublich zu schaffen. Er vermeinte wieder ihren heißen Atem im Genick zu spüren, ihren Geifer, die scharfen Zähne...
Die Angst lähmte ihn und ließ ihn keinen Schritt mehr weitertun, doch genauso wenig brachte er irgendein erklärendes Wort heraus. Jetzt hatte er plötzlich riesiges Grauen vor dem Hereinbrechen der Nacht. Warum waren sie nicht doch auf den Winden gereist? Aber dann konnte er sich den Weg nicht einprägen und auf den Winden reisen war nicht gut, das spürte er instinktiv. Er mußte irgendwie seine Angst besiegen, doch er konnte nicht. Er zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub, dabei war nicht ein Wolf in Sicht und noch war es taghell.
Für die Dea al Mon Krieger mußte er vermutlich ein erbärmliches Bild abgegeben, doch er selbst nahm es nicht wahr wie er gerade auf andere wirkte. Minan spürte wie der Andere in ihm zum Vorschein treten wollte, doch er traute sich selbst nicht mehr, versuchte den Impuls niederzukämpfen und hier zu bleiben. Er machte einen zaghaften Schritt nach vorne.
"Ich... es tut mir leid." Hilflosigkeit stand in seinen dunklen schmalen Augen geschrieben. "Ich habe Angst vor Wölfen", gestand er ganz leise und schämte sich auch etwas deswegen, dabei hätten sich die Leute schämen sollen, die ihm diese Angst eingeflößt hatten. Trotzdem.. es mußte so klingen als hätte er wie ein kleiner Junge Angst im dunklen Wald und vor den wilden Tieren. Doch im Grunde wußte Minan nicht, ob er auch vor anderen wilden Tieren Angst gehabt hätte. Er wußte nur, er hatte Angst vor Wölfen.
"Stoßen wir wirklich auf welche?" Seine Stimme wurde brüchig. Er wußte nicht, wie er das durchstehen sollte. Bei seinem Vater hatte er allein beim Anblick der Hunde riesige Panik bekommen und war fortgerannt.
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Re: Asyl

Beitragvon Eoshan » Di 8. Nov 2022, 21:18

Die Erwähnung der Wölfe schienen Minan in Panik zu versetzten. Eoshan konnte seine Angst riechen. Er blieb stehen, nicht fähig, noch einen Schritt zu tun. Sein ganzer Körper zitterte er wie Espenlaub. Ob er als Kind irgend eine schlechte Erfahrungen gemachte hatte? Doch wie? Soweit sie Hayll kannte, gab es dort vorwiegend Städte und nur wenig Wälder, wo sich Wölfe drin aufhalten konnten.

"Ich weiss nicht, ob wir wirklich auf Wölfe stossen werden", antwortete sie sanft und beruhigend. Sie trat langsam auf ihn zu und breitete die Arme aus, zum Zeichen, dass sie ihn beschützen würde. "Hören werden wir sie in der Nacht bestimmt. Dann stimmen sie ihr wunderschönes Lied an." Ein verträumtes Lächeln erschien kurz auf ihren Zügen.
"Das du Angst vor Wölfen hast, ist nur zu vernünftig, denn sie können wirklich sehr gefährlich werden. Doch sie können nicht auf Bäume klettern. Da wir in einem Baumhaus, das auf unserem Weg liegt, übernachten werden, können sie uns nichts anhaben. Du wirst hier in Dea al Mon sicher sein, Kleiner Bruder, solange du nicht alleine unterwegs bist. Zumindest am Anfang."
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Re: Asyl

Beitragvon Darken » Di 8. Nov 2022, 21:18

Eoshan kam auf ihn zu und breitete die Arme aus wie um ihn in eine Umarmung zu schließen, doch Minan rührte sich nicht, kam ihr nicht entgegen und die Aussicht in der Nacht das "wunderschöne Lied" der Wölfe zu hören, beruhigte ihn alles andere. Plötzlich schien der Wald dunkel und bedrohlich zu werden, voller Gefahren. Erinnerungen blitzten in ihm auf wie die Wölfe ihn durch den Wald gehetzt hatten und Minan streifte die qualvollen Bilder rasch ab. Die Dea al Mon hielt seine Angst für vernünftig, da es ja gefährliche Tiere waren. Vermutlich hielten ihn alle hier für einen verängstigten Gestörten, der vor alles und jedem Angst hatte, doch hatte er das nicht auch? Die Königin erklärte ihm, sie würden auf einem Baumhaus schlafen und dort könnten die Wölfe nicht hoch. Sie sagte weiter, er wäre in Dea al Mon in Sicherheit, doch sein Gedanke allein im Wald umher zu gehen, hatte sich dennoch ein für allemal erledigt. Er war hier Gefangener seiner eigenen Ängste.
Aber noch eine weitere Angst gesellte sich mit der Erwähnung des Baumhauses dazu. Sie sollten dort zu sechst schlafen? Und es war klar, dass Minan sich bestimmt nicht von dort oben runtertrauen würden, weswegen er allein jetzt schon Beklemmungsgefühle bekam in einem Baumhaus (was war das überhaupt?) nachts mit den Fremden zu liegen. Würde Caelvar ihn beschützen? Ungewollte Gedanken von nackten, schweren Körpern, die sich des nachts auf ihn schoben und aus seinem Schlaf rissen, drängten sich ihm auf.

Und wenn er nicht gefügig wäre, würden sie ihn vielleicht runterschmeißen zu den Wölfen. Diese Gedanken bereiteten ihm noch mehr Angst, doch er wurde sie auch nicht wieder los.
"Baumhaus... was genau ist denn das?", traute er sich zu fragen. Nichtmal als Kind hatte er ein Baumhaus kennengelernt. "Ist es groß?" Ekel überkam ihm bei dem Gedanken all diese fremden Menschen in der Nacht bei sich zu wissen. Er wollte nicht... er wünschte sich verzweifelt zurück nach Hayll und in sein Schlafzimmer, das er hatte abschließen können. Warum tat Timaris ihm das alles an? Würde der schwarze Schatten ihn nicht suchen, so wäre er noch bei ihr.
Erneut kämpfte er mit den Tränen, riss sich aber nochmal zusammen, machte beherrscht einen Schritt vor den anderen. Drei Nächte... drei Nächte mit Wolfsgeheul um ihn herum und fremden Menschen und keine Möglichkeit zu fliehen. Der zerbrochene Prinz fühlte sich elend und dennoch erschöpft von der ganzen Flucht. Irgendwann würden sie rasten müssen, doch jetzt fürchtete er sich davor, dass die Sonne untergehen würde. Warum konnte sie nicht einmal Mitleid mit ihm haben? Ein einziges Mal... aber er hatte schon so oft die Sonne angebettelt, ihm nur noch etwas mehr Ruhe und Gnade zu gewähren, doch sie war stets unerbittlich gewesen. Und so glitten auch jetzt ihre Strahlen immer tiefer und tiefer.
Ein dunkler Schmetterling umtrudelte ihn, ließ sich auf seiner Schulter nieder und wirkte fast trostspendend.
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Re: Asyl

Beitragvon Eoshan » Di 8. Nov 2022, 21:19

Ihre Worte schienen ihn nicht zu beruhigen. Im Gegenteil, sie schienen ihn auf eine andere Ebene der Angst zu treiben, sofern dies überhauot möglich war.
Fragend blickte sie Minan an. Er benahm sich wie ein verweichlichter Städter aus einem nicht Dea al Mon Territorium. Dabei hatte er gar nicht so gewirkt, als er vohrhin geschmeidig durch den Wald gegangen war. Was war nur los mit ihm? Ob das etwas damit zu tun hatte, dass er als Sklave behandelt worden war?

Erneut den Tränen nahe, machte er langsam tapfer wieder einen Schritt vor den anderen. So als würde er gegen seine Angst ankämpfen. Dazu fragte sie über das Baumhaus aus.

"Soviel ich weiss, ist ein Baumhaus bei uns eigentlich nicht das selbe wie bei euch", antwortete sie nachdenkliche, während sie wieder neben ihm her ging. Die Sonne neigte sich langsam dem Horizont zu und es würde bald Zeit sein, das Nachtlager auf zu brechen. Zum Glück war es nicht mehr weit. "Ich habe in einem Buck über Dhemlan gelesen, dass Baumhäuser bei euch meistens für Kinder gebaut werden, auf einem Baum im Garten oder so. Also etwas zum Spielen. Bei uns sind es unsere eigentlichen Häuser. Ich habe nur Baumhaus gesagt, damit du dir vorstellen kannst, wo sich unsere Häuser befinden und du in der Nacht keine Angst vor Wölfen zu haben brauchst. Auch werden unsere Häuser nicht gebaut, sondern sie wachsen. Es sind Geschenke, die der Wald uns gibt."

Sie hielt kurz inne und sah den jungen Prinzen an, um sich zu vergewissern, dass er auch verstand, was sie sagte. Allerdings konnte man sich ihre Häuser wirklich nur schlecht vorstellen, wenn man sie nie zuvor gesehen hatte.
"Das Haus, indem wir übernachten werden ist nicht sonderlich gross, nein", fuhr sie erklärend fort. "Der Baum ist noch sehr jung. Es ist auch weniger ein Haus, als viel mehr eine Raststation für Reisende, die nur eine Nacht darin verbringen. Es ist auch nicht mehr sehr weit. Wir sollten gleich da sein."
Es war wirklich ein kleines Haus. Besser gesagt ein Raum mit einer Kochstelle und zwei Betten darin. Das eine würde Talyn kriegen und das andere Minan. Er wirkte so erschöpft. Das würde sie bei Rachhad und Gwenderon einfach durchsetzen, auch wenn die Herren das Gefühl hatten, eine Lady dürfte nicht auf dem Boden schlafen. Das hatte sie schon oft genug gemacht und sie würde es wieder tun.

Und tatsächlich, nach einigen Minuten blieb sie vor einem Baum mit einem mächtigen Stamm stehen und verkündete Stolz: "Hier sind wir."
Wenn man allerdings dem Stamm entlang nach oben blickte, sah man nichts weiter als Astgewirr und Blattwerk. Sie wartete gemeinsam mit Talyn und ihren Gästen, bis Rachhad und Gwenderon flink nach oben geklettert waren und zwei Seile, mit einer Schlaufe an ihren Enden herunter liessen. Ihre Grossmutter war zwar noch recht fit, doch es war vernünftig von ihr, dass sie sich hochziehen liess. So trat sie mit einem Fuss in die Schlaufe und hielt sich mit einer Hand am Seil fest. Mit einem auffordenden Lächeln blickte sie zu Minan, zog, zum Zeichen das sie bereit wäre, kurz am Seil und wurde gleich darauf rasch hoch gezogen.

"Und jetzt du", meinte Eoshan freundlich zu Minan und deutete auf das andere Seil. Sie sagte nicht, sie würde mit Hilfe der Kunst darauf achten, dass er nicht hinunter fiel. Er hatte einen Arm und mit dem würde er sich festhalten können. Das war für sie klar, was auch ihr Tonfall verdeutlichte. Sie selber würde nach ihm hochklettern und Caelvar konnte ja hochfliegen. Wenn er acht gab, würde er auch an keinem der Äste hängen bleiben.
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Re: Asyl

Beitragvon Darken » Di 8. Nov 2022, 21:20

Während sie weitergingen, erklärte die Königin ihm was ein Baumhaus war und das man bei ihnen etwas anderes darunter verstand als woanders wo Kinder damit spielten. Aber auch davon wußte Minan ja nichts und um sich keine Blöße zu geben, sagte er einfach gar nichts dazu, nickte nur. Doch die Tatsache, dass diese Häuser aus den Bäumen herauswuchsen, machte Minan doch neugierig und kurzzeitig überwog die Neugier und sein Wissensdurst die Angst. Alles schien hier so anders zu sein und vielleicht wären dann auch die Dinge anders vor denen er sonst Angst hatte. Anderseits... in Hayll war er nicht mit der unmittelbaren Nähe von Wölfen konfrontiert gewesen. Erst als Eoshan das Baumhaus beschrieb und dass es relativ klein war, war bei Minan sofort wieder die Angst da. Es würde keine Rückzugsmöglichkeit geben, er würde alles durchstehen müssen. Eine weitere Gnadenfrist wurde ihm auch nicht gewehrt, denn sie waren, so wie die Dea al Mon prophezeit hatte, relativ rasch bei der Raststation für die Nacht angelangt. Die Strahlen der Sonne hatten nun etwas rötliches erhalten und ließen den Wald um sie herum unwirklich erscheinen, so als wäre alles mit Blut gesprenkelt. Als die Dea al Mon auf einen bestimmten breitstämmigen Baum deutete, legte auch Minan den Kopf in den Nacken, konnte aber auf Anhieb nichts erkennen außer dem dichten Gewirr aus Ästen, Zweigen und Blättern, doch dann schärften sich seine Augen und er vermeinte die gebogenen Holzwände zu erkennen. Die zwei Männer kletterten ohne jegliche Schwierigkeiten hinauf und kurze Zeit später fielen von oben Seile nach unten. Zuerst verstand Minan den Zweck der Seile nicht, sie sahen fast so aus wie welche, um Leute zu erhängen, doch die ältere Dea al Mon trat mit ihren Füßen in die Schlaufe und dann wurde das Seil hochgezogen. Der Prinz versteifte sich leicht, obwohl die Frau ihm zulächelte und es nur freundlich und nicht lüstern wirkte. Das Seil war also der einzige Weg für ihn hinauf und hinunter, denn er machte sich keine Illusionen, dass er nur mit einem Arm klettern würde können.

Eoshan forderte ihn auf, das zweite Seil zu nehmen, doch es brauchte länger bis Minan sich dazu durchdringen konnte. Langsam trat er dorthin und sah noch einmal zu Caelvar, der jedoch nur schweigend nickte, ihm durch diese Geste vielleicht bedeuten wollte, dass alles in Ordnung war und ihm von diesen Leuten keine Gefahr drohte, doch Minans Vertrauen war fürs erste zerstört. Zaghaft trat er in die Schlaufe, prüfte ihre Stabilität, während das Seil schon mehrere Fingerbreit über den Boden schwebte. Seinen Arm schlang er um das Seil, klammerte sich fest und spürte dann einen leichten Ruck und wie er nach oben aufstieg. Der junge Prinz hielt den Atem an, sein Herz schlug immer rascher. Er wollte nicht die Nacht hier verbringen und dann war er auch schon oben angekommen und einer der Dea al Mon zog das Seil näher zur Hütte, so dass Minan sich dort an dem gebogenen Eingang festhalten und hinein klettern konnte.
Scheu blickte er sich um. Er fühlte sich nicht wirklich wie in einem richtigen Haus, denn noch immer war da der Eindruck mitten im Wald zu sein und die Wände schienen mit dem Boden zu verschmilzen, gebogen wie ein Nest, überall ragten auch Zweige durch. Alles in allem war die Einrichtung sehr schlicht, es schien wirklich nur für eine Nacht gedacht. Aber eine Nacht war schon genug....
Der Prinz wußte nicht so recht wohin, also setzte er sich in der Hocke in der Nähe des Ausganges hin, war froh nach dem ganzen Gehen ein wenig seine Beine ausruhen zu können. Wenig später kamen auch Caelvar und Eoshan nach oben und nun merkte man noch deutlicher wie klein eigentlich das Haus war. Minan sah fragend zu dem Eyrier, aber von ihm konnte er keine Hilfe erwarten, er konnte sich nicht auf ihn verlassen, denn vor Timaris hatte er ihn auch nicht bewahrt. Im Gegenteil... er hatte davon gewußt. Minan war müde, ihm war kalt und ein bißchen Hunger hatte er auch, doch er beschwerte sich nicht, überhaupt hatte er den ganzen Weg über nichts mehr gesagt. Er blieb nur ruhig sitzen und sah wie es um sie herum immer dunkler wurde und die Nacht nun entgültig hereinbrach. Die Umrisse der Dea al Mon wirkten noch bedrohlicher, mit ihren spitzen Ohren und ihrer sehnigen schlanken Gestalt wirkten sie fast selbst wie Wölfe. Er hatte den Eindruck selbst ihre Augen würden in der Dunkelheit glühen. Minan hatte unbestreitbar Angst, er presste fest die eigenen Augen zusammen, um die Bilder zu vertreiben, aber als er sie wieder öffnete war alles noch wie vorher.
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