Blutsbande
von Luca » Do 7. Mär 2024, 22:10
Luca zog an seiner Zigarette und betrachtete zum hundertsten Mal den Tresor vor sich. Es war mitten in der Nacht und in dem ganzen Hotel schlief fast jeder. Er hatte einen Wachmann betäubt und befand sich nun in dem Raum, wo der Tresor mit den Wertsachen der Hotelgäste war. Zum Stern... was für ein bescheuerter Name, aber gut, ihm gehörte der Kasten ja nicht. Ihm gehörte hoffentlich nur bald der Inhalt dieses Safes. Er blies den Rauch aus und holte dann aus seiner Umhängetasche ein Pulver sowie einen Tiegel in dem er das Pulver mit einer anderen Substanz vermischte und zu einer Paste verarbeitete. Normalerweise hielt er ja nichts von irgendwelchen Tränken, Zaubern und was zur Hölle sonst noch, aber das Zeug hier war echt praktisch. Er mußte nur aufpassen nicht selbst damit in Kontakt zu kommen, weswegen er spezielle Isolierhandschuhe überstreifte, um dann die Paste mit einem Spachtel über den Rand der Tresortüre und die Scharniere zu schmieren. Es gab ein brodelndes zischendes Geräusch und der Stahl begann Blasen zu werfen.
Jaja, echt praktisches Zeug. Luca zog wieder an seiner Zigarette, holte als nächstes eine Brechstange aus der Tasche und stemmte den Metallkasten nun ohne Probleme auf.
Im Halbdunkel eines kleinen Hexenfeuers blickte Luca in den Tresor, jedesmal aufs Neue ein Winsolfest ganz allein für ihn. Deswegen liebte er Alleingänge so, niemand mit dem er seine Beute teilen mußte. Außerdem mochte er den Nervenkitzel und die Aufregung des Stehlens. Taschendiebstähle beging er dabei höchst selten, das war vielleicht was für ihn gewesen, als er noch jünger gewesen war, nun arbeitete er eine Kategorie höher. Das Riskio war dementsprechend auch gestiegen, dafür war die Ausbeute bei einem einzigen Bruch wesentlich höher. Luca ließ die Brechstange gleich liegen, da sie sich ohnehin bereits an einem Ende zu zersetzen begann. Rasch und fachmännisch räumte er den ganzen Safe aus und packte Schmuck und Geld in seine Tasche, nur diverse Geschäftsunterlagen und Papiere ließ er liegen. Zu kompliziert, die loszuwerden, außerdem war er ja nicht hier als Spion.
Wie immer verwischte er die Spuren seiner Signatur, jeder gute Dieb konnte das. Dann schlüpfte er aus dem Raum, blickte sich in dem dunklen, stillen Gang um und suchte den Weg zu dem Fenster zurück, wo er eingestiegen war. Dummerweise hörte er in dem Moment Schritte um die Ecke, schaffte es gerade noch sich in eine Nische zu quetschen und sich mit der Kunst zu verbergen. Noch zwei vom Personal, man könnte meinen, hier gäbe es was wertvolles. Luca fluchte innerlich und zog sich auf anderem Weg zurück, da ihm sein anderer Fluchtweg so versperrt war. Außerdem würde es wohl nicht mehr lange dauern bis man den geknackten Tresor entdeckt hatte. Natürlich hätte Luca die Männer umbringen können, aber das tat er nur, wenns wirklich notwendig war, außerdem wollte er keinen Kampf riskieren, da es noch mehr Leute auf den Plan rufen würde.
Adrenalin schoss durch seinen Körper, er nahm eine Treppe nach oben, hier waren die Zimmer der nichtsahnenden Hotelgäste. Luca streifte die Zimmer, prüfte nach Signaturen. Von unten hörte er nun eindeutige alarmierte Stimmen und Fußgetrappel. Das war schneller gegangen als geplant, sein Zeitfenster schrumpfte immer weiter.
Noch im Laufen fischte Luca ein Set Dietriche raus, die Zigarette immer noch im Mund. Er blieb an einer Türe stehen, keine Zeit länger drüber nachzudenken, er brauchte ein Versteck bis die Luft wieder rein war. Ohne weitere Schwierigkeiten trickste er den simplen Schlossmechanismus aus, schlüpfte in das dahinter liegende Zimmer, schloss die Türe und lehnte sich aufatmend dagegen, jetzt wieder an seiner Zigarette ziehend.