Re: Ein neuer Anfang
von Darken » Sa 12. Nov 2022, 21:20
Minan wußte gar nicht mehr was er darauf sagen oder wie er reagieren sollte, als Eoshan nun ihrerseits ihm Komplimente über seine Kleidung gab und dass sie seinen Körper gut zur Geltung bringe. Komplimente war er zwar gewöhnt, doch meist hatten sie für ihn einen bitteren Nachgeschmack. Er versuchte sich zu sagen, dass Eoshan es nicht so meinte, dass es harmlos war, aber ein wenig beklommen war ihm immer noch zumute und so sagte er nichts zu ihren Kommentaren.
Der Prinz blickte sie erst wieder richtig an, als sie ihm erklärte, dass sie Kleidungsstücke für ihn organisieren würden, da sie selbst schon so viel hätte. Bei der Erwähnung von Trainings- und Jagdkleidung dachte er zunächst an ein ganz anderes Training und eine andere Jagd ehe er sich selbst eindringlich sagte, dass Eoshan es nicht so meinte.
"Ich weiß nicht ob ich mit auf eine Jagd kommen will. Noch nicht", erwiderte er. Es weckte zu viele schmerzhafte Erinnerungen, selbst wenn er dieses Mal auf der anderen Seite der Jagd wäre, Jäger und nicht Gejagter. "Du, Eoshan, aber ich hab gar kein Geld, um neue Kleidung zu bezahlen", fiel ihm plötzlich ein. Denk an Talians Geld, erinnerte ihn der Andere. "Also doch, ich glaube schon, aber ich weiß nicht wie ich daran komme. Es ist auf einer Bank." Vermutlich konnte er eh nicht mehr daran, Toten hoben ja kein Geld ab.
"Vielleicht kann ich irgendetwas arbeiten, ich weiß nur nicht was." Minan zuckte leicht mit den Schultern. Was konnte er schon außer dem wozu er anscheinend geboren worden war..
Er versank in Schweigen, lauschte den Worten von Eoshan über die anderen Königinnen, die er eben aufgezählt hatte und war erstaunt, dass sie diese sogar kannte. Dea al mon schien so abgeschieden. Sie stiegen eine Wendeltreppe hinauf zu einem weiteren dieser Baumhäuser und kurz darauf betraten sie ein wunderschönes helles Atelier und der zerbrochene Prinz blickte sich scheu aber auch neugierig um. Eine weitere Dea al Mon trat auf sie zu und Eoshan stellte sie einander vor.
"Es freut mich euch... dich", verbesserte er rasch, "kennenzulernen." Lyrea wirkte freundlich, trotzdem kam sich Minan gleich wieder unbehaglich vor als sie ihn so ausgiebig musterte. Nervös blieb er in der Nähe der Türe stehen und rief sich den Besuch beim Schneider in Hayll in Erinnerung. Der hatte ihn auch gemustert und Maß genommen und ihn dabei berührt, doch es war erträglich gewesen, es gehörte ja dazu, wenn Kleidung angefertigt werden sollte. Minan wagte nicht zu sagen, was genau er eigentlich für Kleidung haben wollte, er war sich da selbst ja auch gar nicht so sicher und er wollte sich ja anpassen.
"Also was hast du dir denn vorgestellt?", erkundigte sich Lyrea freundlich und Minan blickte sie leicht verwirrt an, überrascht überhaupt nach seiner Meinung gefragt zu werden. Hilflos zuckte er mit den Schultern.
"Ich weiß nicht genau... nichts buntes", warf er ein und begann zu überlegen. "Ich mag schwarz und grün..."
Die Dea al Mon schmunzelte und warf noch einen Blick auf seine Kleidung. "Das hab ich mir schon gedacht. Und für die Jagdkleidung sollten es sowieso gedeckte dunkle Farben sein." Sie ging weiter ins Atelier hinein und holte ein Maßband hervor. "Dann lass mich mal deine Maße nehmen."
Minan zögerte. "Muss ich mich dafür ausziehen?", fragte er vorsichtig nach und Lyrea warf ihm noch einen Blick zu. "Nur deine Schuhe und deine Hose. Ach ja, und den Armstulpen." Sie lächelte fröhlich. "Ist im Handumdrehen erledigt." Obwohl der zerbrochene Prinz wußte, dass sie nur seine Maße wollte, brauchte er doch lange bis er sich dazu durchgerungen hatte sich der Schuhe und der Hose zu entledigen. So stand er zitternd da und konnte nicht verhindern, dass er leicht zusammenzuckte als Lyrea ihn berührte und das Maßband anlegte.
Es half ein bißchen, dass Lyrea dabei die ganze Zeit weiterplauderte und ihm lauter Vorschläge machte über Hosen, Shirts und dergleichen. Vor allem lenkte es ihn von den Erinnerungen ab, die sich in seinem Geist hervordrängten und wie Hände ihn überall berührt hatten. Minan war mehr als nur erleichtert als er endlich wieder alles anziehen konnte und die Schneiderin half ihm mit dem Armstulpen als sie sah, dass er damit Probleme hatte.
Trotzdem hatte er sich sehr in sich zurückgezogen und der Abgrund lockte sehr. Irgendwie hatte er das Gefühl, der Boden bebte.
"Es dauert ein paar Tage bis ich alle Kleidung fertig habe", sagte gerade Lyrea und notierte sich etwas auf einem Block. Minan versuchte sich darauf zu konzentrieren, doch es war schwer wenn er glaubte, schwach die Schreie von Menschen zu hören, das Brechen von Stein, Splittern von Holz und Klirren von Porzellan. So viel Leid, so viel Schmerz... Eyrier, die fielen, zerschmettert von Steinblöcken...
Der zerbrochene Prinz keuchte auf und eilte rasch aus dem Atelier, um frische Luft zu schnappen und der Bedrücktheit zu entfliehen. Der Boden wankte nicht mehr, trotzdem schaffte er es nicht gleich sich zu beruhigen. Er wünschte, er könnte die Zeit zurückdrehen und wäre wieder in Hayll. Wenn er Timaris nicht verärgert hätte, wenn er nichts darüber gesagt hätte, dass ihn jemand im Verzerrten Reich suchte... so seltsam es war, er verspürte eine Art Heimweh nach Hayll. Doch selbst da hatte er ja anscheinend nicht hingehört, es schien nirgendwo ein Platz für ihn zu geben. Traurig verscheuchte er leicht die Schmetterlinge, die wieder seine Nähe suchten.